
Zukunft der Koalition : Scheitert die Grundrente, scheitert Merkel
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Geht es wirklich nur noch um die Grundrente? Geht es nicht vielmehr jetzt auch um die Ära Merkel? Bild: EPA
Teile der CDU lauern auf eine Gelegenheit, der Koalition ein Ende setzen zu können – und damit die Machtfrage an der Spitze der Partei zu klären.
Die Grundrente ist ein ständiger Begleiter der Ära Merkel. Sie könnte nun auch das Mittel sein, sie zu beenden. Vor zehn Jahren stand sie zum ersten Mal auf der Agenda einer Koalition, damals noch mit Ursula von der Leyen als Bundessozialministerin. Weder damals die schwarz-gelbe Koalition noch die darauf folgende große Koalition (die Bundessozialministerin hieß Andrea Nahles) konnten sich einigen. Scheitert die Grundrente nun ein drittes Mal? Es ist richtig, was Politiker der Koalition jetzt dazu sagen: Verstehen würde das niemand. Aber geht es wirklich nur noch um die Grundrente? Geht es nicht vielmehr jetzt auch um die Ära Merkel?
Die SPD hat die Latte sehr hoch gehängt, als sie eine Bedürftigkeitsprüfung für die Grundrente ablehnte. Genau die wird im Koalitionsvertrag aber festgeschrieben – wenn auch mit dem Zusatz: „entsprechend der Grundsicherung“. Da kollidieren zwei Sozialsysteme, die nicht zusammengehören, das beitragsbezogene Rentensystem und die steuerfinanzierte Grundsicherung, die aber an Bedürftigkeit gebunden ist. Fiele die weg, wäre Deutschland dem Grundeinkommen einen Schritt näher gekommen – was große Teile der SPD als großen Sieg verkaufen könnten.
Wie viel ist der SPD der Koalitionsvertrag noch wert?
In der CDU kann das aber niemand, nicht einmal der Sozialflügel, erst recht nicht der Wirtschaftsflügel, von dem man im Unterschied zur SPD noch sagen kann: Es gibt ihn noch. Die CDU hat mit ihrer Kompromisslinie aber schon bewiesen, dass der Begriff Bedürftigkeit dehnbar ist. Ein weitgehender Verzicht würde bedeuten, dass sich die CDU von der SPD über den Tisch ziehen lässt. Von einer SPD, die ohnehin zerrissen ist und nicht mehr weiß, wie viel ihr der Koalitionsvertrag überhaupt noch wert ist.
Die Situation ist nicht neu. Neu ist aber, dass auch Teile der CDU auf eine Gelegenheit lauern, der Koalition ein Ende setzen zu können und damit die Machtfrage an der Spitze der Partei zu klären. Kritiker der Koalition, die vor allem Kritiker der Regierung Merkel sind, hätten es aber gerne, dass nicht die CDU/CSU, sondern die SPD für den Bruch der Koalition verantwortlich ist. Sie warteten bislang auf den Parteitag im Dezember, der über die Fortsetzung der Koalition abstimmen soll.
So lange müssen sie vielleicht gar nicht mehr warten. Scheitert die Grundrente, scheitert die Koalition, scheitert Angela Merkel. Das ist der Unterschied zu den früheren Anläufen in Merkel-Koalitionen, eine Grundrente zu installieren.
Alle, die jetzt beteuern, die neue Sozialleistung lohne nicht, die Koalition infrage zu stellen, tun das, weil sie wissen, dass es bis zum kommenden Wochenende so kommen wird. Alexander Dobrindt, der CSU-Landesgruppenchef, fügt noch hinzu: „Wenn man die Koalition infrage stellt, muss man auch die Antwort geben, wie es anschließend weitergeht.“ Das werden diejenigen, die darauf hinarbeiten, sicher schon getan haben, wenn auch (noch) nicht öffentlich.