Trendwende : Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsheime steigt wieder
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Hakenkreuze und andere Schmierereien sind an einer Asylbewerberunterkunft in Waltrop (Archivild) Bild: dpa
Das Bundesinnenministerium rechnet damit, dass die Zahl der in diesem Jahr registrierten Anschläge in den kommenden Monaten noch deutlich steigen könnte. Flüchtlinge werden auch persönlich angegriffen.
Bundesweit ist es zwischen Anfang Juli und Ende September zu 167 politisch motivierten Angriffen auf Geflüchtete außerhalb von Gemeinschaftseinrichtungen gekommen. Das teilte das Bundesinnenministerium auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Clara Bünger (Die Linke) hin mit. Das Dokument liegt der F.A.Z. vor. In 149 Fällen vermutet das Ministerium demnach einen rechtsextremistischen Hintergrund. Die Statistik umfasst Delikte von Sachbeschädigung bis hin zu gefährlicher Körperverletzung. In mehr als der Hälfte aller erfassten Fälle fand der Angriff in einem der ostdeutschen Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Thüringen oder Sachsen-Anhalt statt.
Darüber hinaus sind dem Ministerium für den Zeitraum des dritten Quartals insgesamt 13 Delikte bekannt, in denen eine Asylunterkunft selbst „Tatort oder direktes Angriffsziel“ war, wie es in der Antwort heißt. In jedem dritten Fall fand der Angriff in einem ostdeutschen Bundesland statt. In insgesamt zehn Fällen wird laut Innenministerium ein rechtsextremistischer Hintergrund vermutet. Insgesamt wurden bei den Angriffen auf Geflüchtete sowie auf Einrichtungen laut Innenministerium zuletzt 16 Personen verletzt.
„Wo bleibt der gesellschaftliche Aufschrei?“
Statistisch gebe es jeden Tag zwei Übergriffe auf Geflüchtete, sagt die Rechtspolitikerin Bünger. Wöchentlich würden Unterkünfte von Asylsuchenden angegriffen. „Menschen, die nach Deutschland kamen, um Schutz zu suchen, werden bedroht, beleidigt, angegriffen und verletzt. Wo bleibt der gesellschaftliche Aufschrei?“ Bünger sagt, sie erwarte von „allen demokratischen Kräften“, dass diese sich rechter und rassistisch motivierter Gewalt klar entgegenstellten. „Auch Mitglieder der Bundesregierung müssen aufhören, Migration als Gefahr darzustellen und vor angeblich ,illegalen Geflüchteten‘ auf der Balkanroute zu warnen.“
Unterdessen werde nach dem Brandanschlag auf die geplante Asylunterkunft in Bautzen weiterhin intensiv ermittelt, sagte Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) am Dienstag in Dresden. In das einstige Hotel sollten in der vergangenen Woche 30 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine – allesamt Familien – einziehen, was der Anschlag zunächst verhinderte. Zurzeit würden die Schäden behoben, sodass eine Teilbelegung bis Ende des Monats möglich sei, sagte der Bautzner Landrat Udo Witschas (CDU). Insgesamt können in dem Gebäude bis zu 200 Personen unterkommen. Das Hotel diente bereits früher als Asylbewerberunterkunft.