Wuppertaler Islamisten : „Zieht man eine Scharia-Weste an, flippen alle aus“
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Salafisten ziehen als „Scharia-Polizei“ durch Wuppertal und berichten auf Facebook darüber Bild: Facebook/Shariah-Polizei-Germany
Ist ihm sein Treiben nun selbst unheimlich geworden? In einem Video bezeichnet der Anführer der Wuppertaler Islamisten die von ihm gegründete „Scharia-Polizei“ nun als PR-Gag. Fehler sieht er bei anderen: „Man will uns von der Gesellschaft ausgrenzen.“
Mindestens einmal sind in den vergangenen Nächten Salafisten als „Scharia-Polizei“ durch die Straßen Wuppertals gezogen. In einem am Samstagabend auf seiner Homepage und seiner Facebookseite veröffentlichten Video hat ihr Anführer Sven Lau die Aktion nun als PR-Gag bezeichnet und zur „einmaligen Kampagne“ erklärt. „Die 'SchariaPolizei' hat nie wirklich existiert“, erklärte Lau. “Wir haben von Anfang an gesagt, wir sind keine wirkliche Polizei.“
Die Islamisten in Wuppertal hätten die orangen Westen mit der Aufschrift „Shariah Police“ lediglich getragen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Ziel sei gewesen, eine Diskussion über die islamische Gesetzgebung anzustoßen und auf die Situation der in Deutschland lebenden Muslime hinzuweisen. „Man will uns von der Gesellschaft ausgrenzen“, erklärte Lau und kritisierte jene Medien, welche die Belange der Islamisten ignorieren würden, dann aber unverhältnismäßig auf die Aktion in Wuppertal reagiert hätten. Lau: „Zieht man sich eine Weste mit der Scharia hinten drauf an, flippen alle aus.“
Passanten zu Predigten eingeladen
Wie in einem inzwischen gelöschten Facebook-Video zu sehen war und in zahlreichen Medienberichten zu lesen ist, hatten die Männer sich vor ein paar Tagen orange Westen mit dem Aufdruck „Shariah Police“ angezogen. Übereinstimmenden Aussagen zufolge zogen sie durch die Straßen im Stadtteil Elberfeld und sprachen Passanten an. Sie hätten die Leute zu Predigten eingeladen, hieß es. Auch hätten sie Geschäfte betreten und die Kunden auf ihren Verhaltenskodex aufmerksam gemacht. „Der Westen“ berichtet, sie hätten außerdem versucht, jugendliche Disco-Gänger vom Besuch der Tanzveranstaltungen abzuhalten.
Die selbst ernannten Sittenwächter erklärten auf gelben Flyern: „Shariah Controlled Zone“ (Scharia-kontrollierte Zone). Auf ihnen waren Verhaltensregeln der radikalen Muslime festgehalten: Kein Alkohol, kein Glücksspiel, keine Musik und Konzerte, keine Pornografie und Prostitution, keine Drogen.
In dem nun veröffentlichten Video geht Lau nicht im Detail auf die Aktivitäten der „Scharia-Polizei“ ein. Er gibt aber zu, die Männer hätten versucht, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und sie auf die in der Scharia niedergeschriebenen Verhaltensregeln aufmerksam zu machen. „Der Name war vielleicht sehr provokant. Wir wussten, dass das polarisieren wird und dass das Aufsehen erregen wird“, sagte Lau. Insgesamt sei die Aktion allerdings notwendig gewesen, da sich die Salafisten vom deutschen Staat und auch von den Medien nicht fair behandelt fühlten.
Bereits am Samstagmorgen hatte sich Lau, der sich nach seiner Konvertierung zum Islam Abu Adam nennt, in einem auf Youtube veröffentlichten Video gemeinsam mit dem deutschlandweit bekannten Salafistenfrüher Pierre Vogel über die Berichterstattung der Medien in Bezug auf die „Scharia-Polizei“ lustig gemacht, sie als „Schwachsinn“ bezeichnet und Journalisten als „Dummschwätzer“ tituliert.
Zuvor hatten zahlreiche Politiker die Aktion der Salafisten in Wuppertal verurteilt. Unter anderem hatte Bundesinnenminister Thomas de Maiziére (CDU) erklärt: „Die Scharia wird auf deutschem Boden nicht geduldet. Niemand darf sich anmaßen, den guten Namen der deutschen Polizei zu missbrauchen.“ Auch Justizminister Heiko Maas (SPD) betonte, „für die Durchsetzung von Recht und Gesetz ist allein der Staat verantwortlich - keine selbsternannte 'Scharia-Polizei'“.
NRW stellt Tragen der Westen unter Strafe
Am Samstagabend erklärte dann der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) in einem Fernsehinterview, sein Bundesland werde das Tragen der Westen der „Scharia-Polizei“ ab sofort unter Strafe stellen. Die Polizei sei angewiesen, „gegen solche Möchtegern-Streifen mit allen polizeilichen Mitteln vorzugehen.“ Das umfasse sowohl die Identitätsfeststellung, als auch das Wegnehmen der Westen oder anderer Dinge, die den Polizeinamen missbrauchen.
Jäger begründete sein Vorgehen damit, dass das Handeln der „Scharia-Polizei“ nicht mehr mit dem Grundrecht auf Religionsfreiheit gedeckt sei. „Menschen zu missionieren, zu nötigen, im öffentlichen Bild als Polizei, als Streife aufzutreten“, habe die Menschen so sehr verunsichert, dass die Wuppertaler Polizei ein Bürgertelefon eingerichtet habe.
Sven Lau ist in der deutschen Salafistenszene schon lange vor der Aktion in Wuppertal bekannt gewesen. Zwar ist das Charisma des Predigers nicht so ausgeprägt wie das von Vogel, seinem Mentor und Vorbild. Doch mit der Aktion in Wuppertal, die bundesweit Aufsehen erregt hat, entwickelt sich Lau womöglich zu einem der wichtigen Salafistenanführer und -organisatoren in Deutschland. In seiner Heimatstadt Mönchengladbach leitete Lau eine Moschee und war Vorsitzender des Vereins „Einladung zum Paradies“. Der Extremist wird seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet und wurde Anfang des Jahres zwischenzeitlich festgenommen, weil er unter Terrorverdacht stand. Lau soll angeblich eine Untergruppe der Terrormiliz „Islamischer Staat“ unterstützt haben.