Wulff : In sumpfigem Gelände
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Die neueste Erkenntnis in der Affäre Wulff ist nicht kleinkariert: Offenbar war die Auskunft der Landesregierung zur Beteiligung Niedersachsens am „Nord-Süd-Dialog“ falsch. Sollte das Parlament belogen worden sein, wäre das schwerwiegend.
Die Vorwürfe gegen Bundespräsident Wulff waren in den vergangenen Tagen immer kleinkarierter geworden. Dabei hatte sich allerdings auch bei dem früheren Ministerpräsidenten Wulff ein Pepita-Muster gezeigt: Schlaumeiereien in finanziellen Dingen, ein Hang zum Winkeladvokatischen, wo es um rechtliche Auskünfte ging, danach dann die Salamitaktik bei der Aufklärung der „Affären“. Die Deutschen kennen die privaten Angelegenheiten ihres Staatsoberhauptes inzwischen besser als die Verhältnisse bei ihren Nachbarn oder bei Verwandten. Das mag Transparenzfanatikern immer noch nicht genug sein, doch in der Öffentlichkeit erzeugten vermeintlich neue Enthüllungen keine Empörung mehr, sondern Überdruss.
Von anderem Kaliber ist die neueste Erkenntnis: Zwar geht es auch bei der finanziellen Förderung eines „Events“, des sogenannten „Nord-Süd-Dialogs“ zwischen Niedersachsen und Baden-Württemberg (ein schlechter Witz in sich!), soweit bisher bekannt, nur um kleine Summen. Aber Wulff hat anerkannt, dass die Auskunft der Landesregierung, die „nach bestem Wissen und Gewissen“ gegeben worden sei, falsch war. Im Raum steht also ein Vorwurf, den die Opposition voreilig als Anlügen des Parlaments qualifiziert. Das wäre in einer Demokratie schwerwiegend; Wulff selbst hat die Klärung der Angelegenheit durch den niedersächsischen Staatsgerichtshof begrüßt.
Wie andere Aspekte der Wulff-Affäre zeigt auch dieser Vorwurf, in welch sumpfigem Gelände sich Landespolitiker, nicht nur in Hannover, bewegen. Ein Ministerpräsident tritt zu Hause als oberster Wirtschaftsförderer, im Ausland als erster Handlungsreisender seines Landes auf – es geht um das Wohl von Unternehmen und damit auch um Arbeitsplätze, also Wählerstimmen. Wulff selbst hat in Reden, die aus Archiven ausgegraben wurden, oft von „Vernetzung“ und „Netzwerken“ gesprochen.
Zu diesem undurchsichtigen Gewebe gehört auch das Buhlen um private Sponsoren, das in Kultur, Gesellschaft und Politik (etwa bei Parteitagen oder in Kommunen) um sich greift, seit das Geld in öffentlichen Kassen knapper geworden ist. Wer da nicht trittsicher ist, steht schnell bis zum Bauch im Sumpf. Kommt dazu das unbedingte Streben nach Anerkennung in der „Event“-Gesellschaft, ist das Versinken nicht mehr weit. Am Fall Wulff lassen sich diese Gefahren öffentlich studieren.