Im Gespräch: Wolfgang Kubicki : „Ich befürchte, dass VW bald keine Autos mehr nach Amerika liefern darf“
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„In jeder Gesellschaft leben 18 bis 20 Prozent durchgeknallte Rechtsradikale, Verschwörungstheoretiker und Demokratiefeinde“, sagt der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki Bild: Helmut Fricke
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki glaubt, dass Donald Trump einige seiner zentralen Wahlversprechen umsetzen wird. Ein Gespräch über Trumps Stärke, Merkels Schwäche, seine Vorliebe für Jamaika und das Gute an der AfD.
Herr Kubicki, nach der Einigung von Union und SPD auf Frank-Walter Steinmeier als gemeinsamen Kandidaten als Bundespräsidenten scheinen die Zeichen auch für die Bundestagswahl auf eine Fortsetzung der großen Koalition zu stehen. Täuscht der Eindruck?
Das war keine Einigung zwischen Union und SPD, sondern eine Kapitulationserklärung von Angela Merkel. Sie hatte eigentlich einen ganz anderen Kandidaten im Kopf - nämlich Winfried Kretschmann. Aber nachdem die Grünen auf ihrem Parteitag das Signal gegeben haben, dass sie wieder eine linkere Politik verfolgen wollen, war Kretschmann der Union nicht mehr zu vermitteln.
Hätte die FDP Kretschmann gewählt, wenn die Grünen ihn aufgestellt hätten?
Ich kenne niemanden, der ihn wählen würde. Als Person ist Kretschmann sympathisch, aber was die Partei angeht, muss noch viel Wasser den Rhein hinunterfließen, bevor Freie Demokraten einen Grünen zum Bundespräsidenten wählen. Oder umgekehrt.
Und Steinmeier?
Ich kenne zumindest im Moment keine Wahlmänner und -frauen der FDP, die ihn nicht wählen werden. Er ist ein akzeptabler Kandidat, aber ja auch der einzige, den wir haben. Mich hat es sehr gewundert, dass so viele, die gefragt wurden, abgesagt haben, Norbert Lammert zum Beispiel. Ich dachte immer, es wäre reizvoll, das höchste deutsche Staatsamt auszuüben. Dass die Union es nicht fertiggebracht hat, einen eigenen Kandidaten zu benennen, fällt vor allem auf die Kanzlerin zurück.
Für die SPD kommt die Einigung ein knappes Jahr vor der Bundestagswahl hingegen wie gerufen. Ist Sigmar Gabriel als Kanzlerkandidat jetzt gesetzt?
Sigmar Gabriel hat mit Steinmeier unbestritten einen guten Coup gelandet. Innerhalb der SPD hat er sich damit stabilisiert, jetzt stehen ihm wieder alle Optionen offen. Steinmeier wird Bundespräsident, Martin Schulz geht als Außenminister nach Berlin, und Gabriel wird sich bis April oder Mai die Frage offen halten, wer Kanzlerkandidat wird. Für die Kommunikation nach außen ist das wunderbar. Angela Merkel hat durch die Causa Steinmeier hingegen massiv verloren. In der Union ist jetzt endgültig der Eindruck entstanden, sie könne nichts Wichtiges mehr durchsetzen.
Ist Angela Merkel zu einem Problem für die Union geworden?
Die Ablehnung, die Frau Merkel bis in weite Teile der Union hinein entgegenschlägt, ist gewaltig. Viele Unionsleute müssen jetzt auf einmal Dinge vertreten, gegen die sie bis vor zwei Jahren massiv gekämpft haben. Deshalb sagen sie jetzt: „Diese Frau muss weg.“ Denn aus der roten Merkel ist mittlerweile eine rot-grüne Merkel geworden. Das wird die Union bei den Landtagswahlen schmerzlich zu spüren bekommen. Im Ruhrgebiet werden die Wähler bei der NRW-Wahl scharenweise von der SPD zur AfD wechseln, jedenfalls nicht bei der Union landen. Spätestens dann hat Frau Merkel ein Problem.
Früher war die FDP das Zünglein an der Waage und der wichtigste Mehrheitsbeschaffer in der deutschen Politik. Welche Perspektive haben die Liberalen jetzt noch, wo die nächste große Koalition schon fast ausgemacht scheint?
Ich gehe zuerst einmal davon aus, dass wir wieder in den Bundestag einziehen, über alles weitere reden wir danach. Die Union wird sicher nicht stärker werden als bei der letzten Wahl, sondern eher Verluste einfahren. Außerdem halte ich es für ausgeschlossen, dass die SPD noch einmal eine große Koalition eingeht, weil sie längst gemerkt hat, dass die für alle Beteiligten nur lähmend und frustrierend ist. Die SPD wird deshalb versuchen, ein rot-rot-grünes Bündnis zu schließen - und als Gegenmodell könnte eine Jamaika-Koalition dann für viele an Attraktivität gewinnen. Eine Ampel-Koalition kann man hingegen schon numerisch ausschließen.