Polizisten in der AfD : „Die Polizei darf da keine falschen Kompromisse machen“
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Der Schriftzug „Polizei“ und das Logo von Thüringen stehen am auf den Uniformen von zwei Polizeibeamten. Bild: dpa
Fünf Polizisten treten für die AfD bei der Landtagswahl in Thüringen an. Extremismusforscher Benno Hafeneger erklärt, warum die Partei bestimmte Polizisten anzieht – und warum das für den Rechtsstaat problematisch ist.
Bei der Landtagswahl in Thüringen im September wollen sich fünf Polizisten für die AfD zur Wahl stellen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert nun, dass sie sich von Björn Höcke und dem rechten Flügel der AfD distanzieren. Wie beurteilen Sie den Vorstoß?
Grundsätzlich muss jede Organisation mit sich ausmachen, wie sie mit so einer Situation umgeht. Ist es für eine Freiwillige Feuerwehr okay, wenn jemand, der sein Ehrenamt tadellos erledigt, gleichzeitig AfD-Mitglied ist? Oder folgt sie dem Beispiel von Peter Fischer, dem Präsident der Frankfurter Eintracht, und sagt, das lässt sich nicht vereinbaren? Aber mit Blick auf Polizisten oder ganz allgemein Beamte stellt sich die Frage noch einmal anders.
Weil sie Vertreter des Staates sind und die AfD vom Verfassungsschutz vor kurzem zum Prüffall erklärt wurde?
Dass sich offenbar doch zahlreiche Polizisten bei der AfD gut aufgehoben fühlen, stimmt schon nachdenklich. Denn es ist die zentrale Berufskompetenz von Polizisten, für den Rechtsstaat einzutreten – den die AfD bekämpft und mit ihrer Argumentation ad absurdum führt. Obwohl man ehrlicherweise sagen muss, dass rechte Parteien, wie die Republikaner oder die Schill-Partei, auch schon früher für bestimmte Polizisten attraktiv waren.
Warum fühlen sich Polizisten von diesen Parteien angezogen?
Es gibt schon immer eine gewisse Kultur in der Polizei, nach mehr Härte, mehr Stärke und mehr Eindeutigkeit zu rufen. Das hat viel mit der spezifischen Berufserfahrung von Polizisten zu tun – sie sind permanent mit Gewalt und Aggressivität konfrontiert.
Aber nicht alle Polizisten treten deshalb der AfD bei.
Nein, aber die eigenen Erfahrungen können die Entwicklung von radikalen Weltbildern fördern, vor allem wenn Polizisten ihre Alltagserfahrungen nicht gut verarbeiten oder ihr Demokratiebewusstsein nicht besonders stark entwickelt ist. Um dem vorzubeugen, müssten eigentlich alle Polizisten regelmäßig begleitet und beraten werden.
Wie müsste die Polizei nach der Entscheidung des Verfassungsschutzes auf die AfD-Mitglieder in ihren Reihen reagieren?
Wichtig ist, dass sich die Polizei jetzt konkret mit dem Demokratiebewusstsein und der Demokratiebindung ihrer Mitarbeiter auseinandersetzt. Künftig darf es keine falschen Kompromisse mehr geben, wenn sich zeigt, dass Beamte sich nicht mehr im Rahmen der rechtsstaatlichen Ordnung bewegen.
Wie zum Beispiel beim jüngsten Polizeiskandal um den sogenannten NSU 2.0, die Frankfurter Polizisten, die ihm Verdacht stehen, rechtsextreme Inhalte geteilt zu haben.
Die spannende Frage ist natürlich, ob die Kommunikationsstrukturen in diesem oder ähnlichen Fällen so eng sind, dass es der Kollege am Nachbarschreibtisch oder im Auto auf Streife nicht mitbekommt. Oder ob eine Art Korpsgeist – oder schlicht falsche Toleranz – dafür sorgt, dass kritische Haltungen und Handlungen keine Aufmerksamkeit bekommen, solange sich niemand von außerhalb beschwert.
Sollten alle Polizeianwärter zuerst eine Gesinnungsprüfung machen müssen?
Die Motive, zur Polizei zu gehen, sind ja ganz unterschiedlich. Der eine will unbedingt die Sicherheit einer Beamtenlaufbahn, der andere will helfen, der dritte hat eine Affinität zu Uniformen oder strebt eine Rolle an, bei der er Autorität ausüben kann. Das ist alles legitim, solange es sich nicht weg bewegt vom rechtsstaatlichen Denken Und da muss die Polizei genauer hinschauen, beim Anwerben junger Leuten, auf der Polizeiakademie, aber auch auf dem Revier.
Was bringt es eigentlich der AfD, Polizisten auf ihrer Kandidatenliste stehen zu haben?
Die AfD ist natürlich sehr stolz auf solche Kandidaten. Polizei und Justiz genießen ein hohes Ansehen in der Gesellschaft. Wenn Vertreter dieser Berufsgruppen für eine Partei, die sich selbst stark über die Themen Sicherheit, Recht und Ordnung definiert, kandidieren, profitiert die natürlich davon. Sie hat ja dann Leute mit professioneller Kompetenz und Zuständigkeit in ihren Reihen. Das ist also eine Art gegenseitiges Andocken: Menschen mit bestimmten Vorstellungen finden die passenden Strukturen und eine Partei gewinnt authentische Vertreter für ihre Ideen.
Die Thüringer AfD nimmt da ja durchaus noch mal eine Sonderrolle ein.
Es ist natürlich die Frage, wie stark die Entscheidung, für die AfD zu kandidieren, von der Wahrnehmung des jeweiligen Landesverbands abhängig ist. Der thüringische Landesverband spiegelt mit Björn Höcke und dem „Flügel“ natürlich etwas ganz anderes als zum Beispiel der hessische, der sich eher konservativ-bieder gibt: Das ist viel eindeutiger die extrem rechte, völkisch orientierte AfD. Den Polizisten, die dort für die Partei antreten, wird das auch bewusst sein.