Widerstand in der CSU : Union streitet über Ehegatten-Splitting für Homosexuelle
- Aktualisiert am
Bild: AFP
Familienministerin Schröder und 13 CDU-Abgeordnete haben sich für die steuerliche Gleichstellung der Homo-Ehe ausgesprochen. Die CSU reagiert ablehnend.
Der Vorstoß von 13 Bundestagsabgeordneten der CDU, das Ehegattensplitting auf gleichgeschlechtliche Lebenspartner auszuweiten, ist in der Koalition auf gegensätzliche Reaktionen gestoßen. Aus Sicht des Hauses von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gibt es gegenwärtig keinen Handlungsbedarf. Das Ministerium sei weiterhin davon überzeugt, dass seine Rechtsauffassung – keine Ausdehnung des Ehegattensplittings auf die eingetragenen Lebenspartner – auch vom Bundesverfassungsgericht mitgetragen wird. Karlsruhe hatte zuletzt geurteilt, dass die Ungleichbehandlung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe beim Familienzuschlag im Beamtenrecht unzulässig sei.
Wie das Bundesfinanzministerium berief sich auch die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, auf den im Grundgesetz gewährten besonderen Schutz von Ehe und Familie. Sie zeigte sich gegenüber dem Vorstoß der Abgeordneten „äußerst skeptisch“, da homosexuelle Beziehungen im Unterschied zur Ehe zwischen Mann und Frau nicht „grundsätzlich auf die Weitergabe von Leben ausgerichtet“ seien. Noch kritischer äußerte sich der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller. Er lehne den Vorstoß der 13 CDU-Abgeordneten „klar“ ab. Es sei auch „nicht nötig, im Vorgriff auf ein mögliches Urteil des Bundesverfassungsgerichts gesetzlich initiativ zu werden“. Er könne sich überdies „nicht vorstellen, dass die Bundesregierung oder die Fraktion im Sinne der 13 Abgeordneten aktiv werden“.
Hingegen befürwortete Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) den Vorstoß. Er komme „zur rechten Zeit, denn in lesbischen und schwulen Lebenspartnerschaften übernehmen Menschen dauerhaft Verantwortung für einander, sie leben damit konservative Werte“, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“. Ihr Ministerium bestätigte dieser Zeitung, dass sie über die Initiative schon vor deren Veröffentlichung informiert gewesen sei. In diesem Sinne habe es sich um ein „abgestimmtes Vorgehen“ gehandelt. Aus Unionskreisen hieß es auch, dass der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Volker Kauder, den Wortlaut der Initiative vorab gekannt habe.
Gleichstellung würde 30 Millionen Euro kosten
Der Initiative, über die in der Fraktionsspitze inhaltlich noch nicht diskutiert worden sei, haben sich inzwischen weitere Abgeordnete angeschlossen, unter ihnen der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU) sowie die Vorsitzende des Entwicklungshilfe-Ausschusses, Dagmar Wöhrl (CSU). Zu den Initiatoren zählt der CDU-Rechtspolitiker Jan-Marco Luczak, der schon im Mai Finanzminister Schäuble zu der Reform aufgefordert hatte. Luczak verwies am Dienstag gegenüber dieser Zeitung darauf, dass schon mehrere Finanzgerichte das Bundesverfassungsgericht angerufen haben, weil sie in der gegenwärtigen Rechtslage einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot sehen. „Wenn man die Entwicklungslinie der Karlsruher Rechtsprechung betrachtet, werden wohl auch diese Verfahren zulasten des Gesetzgebers ausgehen.“ Gerade in jüngster Zeit habe das Bundesverfassungsgericht dem Bundestag ohnehin schon mehrere Gesetze „um die Ohren gehauen“, was dem Bild der Politik in der Öffentlichkeit schade.
Eine Gleichstellung der etwa 25 000 eingetragenen Lebenspartnerschaften würde den Staat laut Luczak etwa 30 Millionen Euro kosten; bei 15 Milliarden Kosten für das traditionelle Ehegatten-Splitting falle das nicht nennenswert ins Gewicht. Nach drei Jahren sei es jetzt an der Zeit, die Verabredung aus dem Koalitionsvertrag zu verwirklichen, „gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht abzubauen“. Ein weiterer Unterzeichner der Initiative, der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann, sagte dieser Zeitung, die Gleichstellung sei „verfassungsrechtlich wie gesellschaftspolitisch geboten“. Eine neue Debatte „über die Schleifung konservativer Bastionen“ in der Union halte er „nicht für zielführend“, zumal die Union die Großstädte nicht den Grünen und der Piratenpartei überlassen dürfe. Er riet zu einem „unverkrampften Umgang“ mit dem Thema, der in seiner Partei jedoch verbreiteter sei „als manche vermuten“.
FDP: Offene Ohren
Miriam Gruß, die familienpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, äußerte, „das Umdenken in der Union“ treffe beim Koalitionspartner auf „offene Ohren“ und sei ein „gutes Signal“. Es sei höchste Zeit, die Benachteiligung Homosexueller nicht nur im Steuer-, sondern auch im Adoptionsrecht zu beenden. Im Papier der 13 Abgeordneten war nur von „Steuerlicher Gleichstellung“ die Rede. Frau Gruß forderte, Familienministerin Schröder müsse nun in ihrer Partei „Überzeugungsarbeit leisten“, sonst habe sie lediglich „Schlagzeilen produziert“. Der Beauftragte der SPD-Bundestagsfraktion für die Belange von Lesben und Schwulen, Johannes Kahrs, sagte, es sei „gut, dass nun endlich auch in der CDU/CSU-Fraktion Kolleginnen und Kollegen die Zeichen der Zeit verstanden haben“. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (beide FDP) forderten nach Informationen dieser Zeitung Schäuble auf, im Rahmen des nächsten Jahressteuergesetzes das Splitting auszuweiten. Das Kabinett will sich am 22. August damit befassen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte zuletzt eine Entscheidung bekanntgegeben, dass die Ungleichbehandlung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe beim Familienzuschlag im Beamtenrecht unzulässig sei. Schon im Jahr 2010 hatte es eine unterschiedliche Behandlung im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht verworfen. Diese sei auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass nur aus einer Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen könnten. Das Finanzgericht Köln urteilte daraufhin in einer vorläufigen Eilentscheidung, diese Rechtsprechung sei auch auf das Ehegatten-Splitting zu übertragen. Es verpflichtete daher ein Finanzamt, auf der Lohnsteuerkarte eines Homosexuellenpaares die Steuerklasse für Eheleute einzutragen.