Widerstand gegen Maut : „Das klappt nie“
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Mautstation in Frankreich Bild: AFP
Anfang 2016 werde die PKW-Maut „scharf gestellt“, hat Verkehrsminister Alexander Dobrindt angekündigt. Doch in der Koalition wächst der Widerstand. Sogar die CDU zweifelt an dem Vorhaben.
Die geplante Einführung einer Pkw-Maut für Ausländer stößt weiter auf massiven Widerstand im In- und Ausland. „Ich kann mir momentan kein Konzept vorstellen, das die Bedingungen des Koalitionsvertrags einhält“, sagte die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Kirsten Lühmann, der F.A.S. Im Koalitionsvertrag war vereinbart worden, die Pkw-Maut solle keinen deutschen Autohalter zusätzlich belasten, zugleich aber dem Gleichbehandlungsgrundsatz der EU entsprechen. Sogar unter Verkehrspolitikern der CDU wird die Einschätzung geäußert: „Das klappt nie.“ Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte diese Woche angekündigt, er werde noch vor der Sommerpause sein Modell vorstellen. Anfang 2016 werde die Pkw-Maut dann „scharf gestellt“.

Politischer Korrespondent in Berlin.
Dobrindt hatte im Gespräch mit der F.A.Z. gesagt, er spreche „derzeit mit all unseren Nachbarn“, um sie von seinem Mautkonzept zu überzeugen. Tatsächlich hat Dobrindt seit Februar eine Reihe von Kollegen informiert – jedoch nicht überzeugt. Die niederländische Verkehrsministerin Melanie Schultz van Haegen hält daran fest, „dass wir dagegen sind und alles tun werden, um dies (die Pkw-Maut) zu verhindern“. Der F.A.S. sagte sie, Dobrindt habe bei einem Gespräch im Februar zwar den Zeitplan genannt, nicht aber Details des Konzepts. Die Regierung warte noch darauf und werde anschließend über weitere Schritte entscheiden. Die Niederlande erwägen, sich einer möglichen Klage Österreichs beim Europäischen Gerichtshof anzuschließen. Auch aus Luxemburg ist mit Widerstand zu rechnen. Verkehrsminister François Bausch traf sich diese Woche in Berlin mit Dobrindt und führenden Verkehrspolitikern; dabei äußerte er Bedenken gegenüber der Pkw-Maut. Dem Vernehmen nach drohte er damit, dass auch Luxemburg eine Maut einführen werde.
Besonders in Nordrhein-Westfalen erzeugen diese Ankündigungen Unmut. Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) sagte: „Wenn wir die Niederländer auf ihren Ausflügen ins Sauerland abkassieren, wird es nicht lange dauern, bis sie uns auf dem Weg zur Nordseeküste zur Kasse bitten.“ Viel sinnvoller wäre es, die Lkw-Maut auf alle Straßen auszudehnen. Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Lühmann äußerte sich in diesem Sinne: „Die SPD drängt darauf, dass die Lkw-Maut so bald wie möglich auf alle Bundesstraßen ausgedehnt wird.“ Dobrindt hatte angekündigt, dass dies erst 2018 erfolgen solle.
Selbst wenn der Verkehrsminister ein mit dem Koalitionsvertrag zu vereinbarendes Maut-Konzept vorlegen sollte, bestehen große Zweifel, ob Aufwand und Einnahmen in einem vernünftigen Verhältnis stehen. In den Koalitionsverhandlungen hatte die CSU erwogen, die Mautkosten mit dem Kfz-Steuerbescheid zu verrechnen. Jedoch zahlen 30 Prozent der Fahrzeughalter weniger als 100 Euro, dem ins Auge gefassten Preis für eine Jahresvignette. „Diesen Autofahrern die Differenz zurückzuzahlen, ist kaum praktikabel“, sagte der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion Anton Hofreiter der F.A.S. „Der Verwaltungsaufwand wäre absurd hoch.“ Hohe Verwaltungskosten würden auch die Einnahmen aus der Maut drücken. Schätzungen reichen von 400 Million Euro im Jahr bis zu einer „Nullnummer“. „Mit dem, was am Ende übrig bleiben würde, lässt sich Dobrindts Haushalt jedenfalls nicht sanieren.“ Die Pkw-Maut mache deshalb „nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch keinen Sinn“, sagte Hofreiter. Das hätten andere Länder längst verstanden.
Unter Verkehrspolitikern im Bundestag herrscht die Auffassung, dass die Pkw-Maut gar nicht im Bundesverkehrsministerium, sondern im bayerischen Ministerium für Inneres und Verkehr sowie in der Münchner Staatskanzlei geplant wird. Im Bundesverkehrsministerium habe niemand den Auftrag erhalten, sich mit damit zu beschäftigen. Aus der CSU hieß es, es sei nichts Ungewöhnliches daran, dass die Ministerialbürokratien in München und Berlin eng zusammenarbeiten. Die Maut sei schließlich ein Vorschlag aus Bayern. Zudem habe die Münchner Staatskanzlei die besten Juristen, deren Kreativität gefragt sei. Dobrindt müsse allerdings einen Vorschlag einbringen, der auch Geld bringe. Eine Maut, bei der Dreiviertel der Einnahmen durch Verwaltungsaufwand aufgefressen würden, wäre eine „Blamage“, hieß es.
In der ersten Mai-Woche soll es eine Anhörung zur Pkw-Maut im Bundestag geben. Dann wird dem Vernehmen nach auch Dobrindt seinen Gesetzentwurf vorstellen.