Coronavirus : Diese Forschungsprojekte fördert die Bundesregierung
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Tägliche Rätsel: Corona-Test in Brandenburg Bild: ZB
Bietet Blutgruppe 0 beim Coronavirus einen besseren Schutz als Blutgruppe A? Und welche Faktoren beeinflussen den Krankheitsverlauf? Die Liste der geförderten Forschungsprojekte ist vielfältig.
Covid-19-Erkrankungen verlaufen manchmal beinahe symptomfrei, können aber auch als schwere Lungenerkrankungen lebensbedrohlich sein. Noch immer ist unklar, welche genetischen Faktoren den Schweregrad der Krankheit beeinflussen. Erste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Blutgruppe 0 einen besseren Schutz bietet als Blutgruppe A. Ein bestimmter Defekt des Chromosoms 3, das zu 50 Prozent bei Speiseröhren-, Magen- und Dickdarmkrebs beteiligt ist und schon beim Neandertaler vorkam, könnte die Wahrscheinlichkeit für einen schweren Verlauf um 50 Prozent erhöhen.
Ein Forschungsprojekt des Instituts für Klinische Molekularbiologie der Kieler Universität unter Leitung des Mediziners André Franke untersucht den Einfluss genetischer Signaturen auf den Krankheitsverlauf. Außerdem untersuchen die Kieler Forscher, ob bestimmte genetische Signaturen eine Vorhersage wirksamer therapeutischer Ansätzen erlauben. Grundlage für die geplanten Analysen bilden 5000 Blutproben von Intensivpatienten aus einigen der am stärksten betroffenen Regionen Europas. Die geplanten Arbeiten werden retrospektiv durchgeführt, sodass erste Ergebnisse bereits Ende August 2020 zu erwarten sind. Eine Vorstudie (Preprint) im Netz habe zu lebhaften Diskussionen und vielen weiterführenden Rückmeldungen geführt, sagte Franke am Montag und plädierte für größere Transparenz bei den Forschungsdaten.
Das Kieler Forschungsprojekt ist eines von 90 herausragenden Projekten, die vom Bundesbildungsministerium gefördert werden. Nach einem ersten Förderaufruf im März, für den 15 Millionen Euro veranschlagt waren, hat das Ministerium die Mittel jetzt auf 45 Millionen verdreifacht. Denn es waren insgesamt 500 Projektskizzen eingegangen, für die ein besonders rasches Begutachtungsverfahren gilt, damit sie bald beginnen können.
Die Vorhaben reichen von der Grundlagenforschung über klinische Studien bis hin zur Analyse ethischer, rechtlicher und sozialer Fragestellungen im Zusammenhang mit der Pandemie. Die Förderung ergänzt die bereits laufenden Forschungen zur Impfstoffentwicklung und zur Stärkung der Universitätsmedizin. „Die Biologie des Virus und seine Verbreitungswege noch besser zu verstehen, ist der Schlüssel für wirksame Therapien und weitere mögliche Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Gleichzeitig wollen wir untersuchen, wie sich die politischen Entscheidungen und sozialen Empfehlungen im Zusammenhang mit der Pandemie auf jeden einzelnen und unsere Gesellschaft als Ganzes auswirken. Dabei zählen wir auf Wissenschaft und Forschung“, sagte Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) am Montag.
Forscher testen in lungenähnlichen Mikrostrukturen
Eine klinische Studie in Heidelberg untersucht, wie wirksam die Behandlung von Covid-19-Patienten mit Blutplasma solcher Menschen ist, die eine Covid-19-Infektion überstanden und Antikörper gegen das Virus Sars-CoV-2 gebildet haben. In die Studie sollen an Covid-19 erkrankte Patienten mit einem schweren Verlauf (Krebspatienten, Patienten mit geschwächter Immunabwehr) eingeschlossen werden, die aber keine maschinelle Beatmung benötigen. Der Effekt einer Behandlung mit Plasma wird mit der standardisierten Behandlung verglichen. Es gebe schon Hinweise, dass Plasma von genesenen Personen die Sterblichkeit bei Patienten mit Sars-, Ebola- oder Influenza-Infektionen verringern kann. Auch bei einzelnen schwerkranken Patienten mit Covid-19 sei das schon getestet worden, sagte die Medizinerin und Leiterin der Klinischen Tropenmedizin des Heidelberger Universitätsklinikums Claudia Denkinger. Die Heidelberger Forscher erhoffen sich davon bei einem Erfolg eine Blaupause für die künftige Behandlung bei viralen Pandemien.
Um die Details einer Infektion mit dem Coronavirus Sars-Cov-2 unter möglichst natürlichen Bedingungen erforschen zu können, lässt ein Forschungsteam der Ruhr-Universität Bochum menschliche Lungen-Organoide – also Organ-ähnliche Mikrostrukturen, die das Lungengewebe dreidimensional nachbilden – aus Stammzellen wachsen. Diese böten ein verlässliches 3D-Modell, mit dem sich komplexe Interaktionen zwischen verschiedenen Zelltypen des Lungengewebes untersuchen ließen, sagte die Bochumer Juniorprofessorin Stephanie Pfänder.
Das Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Medizinischen Hochschule Brandenburg in Neuruppin unter Leitung von Christine Holmberg untersucht die gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie. Studienteilnehmer haben ihren Tageslauf während des Lockdowns dokumentiert, sie werden außerdem von den Forschern interviewt. Daraus sollen Empfehlungen abgeleitet werden, wie mit Unsicherheit und Sorgen umgegangen werden kann.