5G-Ausbau mit Huawei : Deutschland setzt sich massiven Risiken aus
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Das Fraunhofer Institut und Ericsson stellen Bundeskanzlerin Angela Merkel im April ein gemeinsames Konzept für ein industrielles 5G-Forschungsnetz vor. Bild: obs
Deutschen Netzwerkanbietern werden keine klaren Grenzen beim Einsatz von Technologie chinesischer Anbieter wie Huawei und ZTE für den Bau der 5G-Netze gesetzt. Der Bundestag muss diesen Fehler korrigieren. Ein Gastbeitrag.
Am vergangenen Dienstag veröffentlichten die Bundesnetzagentur und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) den Entwurf für die Sicherheitsanforderungen für den Bau der deutschen 5G-Mobilfunknetzte. Der neue Mobilfunkstandard wird die Zukunft unserer Gesellschaft nachhaltig mitgestalten: Von der Mobilität, über die Gesundheitsvorsorge, die digitale Bürokratie und die Industrieproduktion, alles wird autonomer, vernetzter, schneller.
Der Sicherheitskatalog war im politischen Berlin lange erwartet worden und enttäuscht nun umso mehr. Es fehlen klare Grenzen für den Einsatz von Technologie chinesischer Hochrisikoanbieter wie Huawei und ZTE. Dies entspricht allem Anschein nach den Wünschen von Kanzlerin Angela Merkel, die sich über die gravierenden Bedenken aus Innen- wie Außenministerium sowie den Geheimdiensten hinweggesetzt hat.
Hersteller, die in Deutschland Komponenten für den 5G-Ausbau liefern wollen, müssen nun künftig lediglich eine „Erklärung der Vertrauenswürdigkeit“ gegenüber den Netzbetreibern unterschreiben. Ihre Produkte können dann nach der Zertifizierung durch das BSI eingesetzt werden.
Was nach Rückversicherung klingt, ist bei genauem Hinsehen blanker Hohn. Sich für vertrauenswürdig erklären, ist eben nicht dasselbe, wie vertrauenswürdig sein. Papier ist geduldig und Vertrauen kein technischer Maßstab. Huawei ist in China enger Partner der Kommunistischen Partei bei der Umsetzung der menschenrechtsverachtenden Überwachungsmaßnahmen in der Provinz Xinjiang. Das Unternehmen muss sich den Maßgaben der chinesischen Führung in Peking unterordnen. In China – und auch anderenorts. Damit setzt sich Deutschland massiven Risiken aus.
Im Konfliktfall mit dem Westen könnte Huawei nicht nur theoretisch zu Sabotagehandlungen an deutschen Netzen gezwungen werden. Das Kanzleramt fügt mit seinem Vorgehen Deutschland sicherheitspolitisch, wirtschaftlich und diplomatisch Schaden zu. Vor allem aber ist dies ein wiederholter Alleingang innerhalb Europas. Deutschlands Sonderweg spaltet Europa – und erntet Kopfschütteln von Stockholm bis Prag. Berlin wirkt schwach und isoliert. Im Zweifelsfall weiß man dies in Peking auch künftig zu nutzen.
Im Kanzleramt ist man anscheinend besorgt, dass ein De-Facto-Ausschluss von Huawei und ZTE zu Repressalien Pekings gegen deutsche Unternehmen wie Volkswagen, Daimler und Siemens führen könnte. Diese Sorge ist nicht unbegründet, Peking hat genau dies bereits in anderen Fällen getan und untergräbt damit jeden Versuch Huaweis sich als unabhängiger Akteur darzustellen, handlungsleitend darf dies allerdings angesichts der massiven Sicherheitsbedenken nicht sein. Die beauftragten Behörden, allen voran das BSI, sind mit der Aufgabe einer echten Bewertung jenseits der technischen Risiken maßlos überfordert.
Präsident Arne Schönbohm sieht keinen qualitativen Unterschied zwischen dem rechtlichen Umfeld Huaweis und dem westlicher Unternehmen. Er argumentiert, dass es für die Risikoprüfung vollkommen egal sei, „ob das Bauteil aus China, aus Korea oder aus Schweden“ komme. Das sieht man in den meisten Hauptstädten Europas anders. Ein Ergebnis der EU-weiten Risikobewertung, dessen finaler Bericht fast zeitgleich zum deutschen Sicherheitskatalog erschien, plädiert sehr deutlich für größte Vorsicht im Umgang mit Anbietern aus Ländern in denen keine „demokratische Kontrolle“ vorhanden ist.