Verfassungsschutz-Präsident : Haldenwang sieht AfD auf Weg nach rechtsaußen
- Aktualisiert am
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang Bild: dpa
Aus Sicht von Verfassungsschutz-Chef Haldenwang gewinnen die rechtsextremistischen Strömungen in der AfD an Bedeutung. Er warnt davor, die Umsturzpläne der „Reichsbürger“ zu verharmlosen.
Die AfD steuert aus Sicht des Verfassungsschutzes inzwischen nahezu ungebremst in Richtung rechtsaußen. „Kräfte, die versuchen, die extremistischen Tendenzen aus der Partei zu verdrängen, nehmen wir kaum noch wahr“, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, der Deutschen Presse-Agentur. Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Parteiaustritte des früheren AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen und der Bundestagsabgeordneten Joana Cotar.
Zudem sei in diesem Jahr zu beobachten gewesen, „dass Rechtsextremisten wie Björn Höcke einen starken Einfluss auf die Partei bekommen haben“. Obwohl Höcke beim Bundesparteitag im Juni nicht alle seiner „völkisch geprägten Anträge“ habe durchsetzen können, „so trieb er die Partei doch sichtlich vor sich her“.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD im März 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft - eine Einschätzung, die rund ein Jahr später in erster Instanz durch das Verwaltungsgericht Köln bestätigt wurde. Die Partei setzt sich dagegen juristisch zur Wehr. Das Verfahren beim Oberverwaltungsgericht in Münster läuft noch.
Üblicherweise prüft der Verfassungsschutz bei einem Verdachtsfall nach etwa zwei Jahren, ob sich der Verdacht erhärtet hat oder nicht. Im Fall der AfD ist nicht zu erwarten, dass diese Entscheidung vor Abschluss des Gerichtsverfahrens fallen wird. „Ohne eine Prognose hinsichtlich unserer nächsten Prüfung abzugeben, bleibt gegenwärtig ein gewisser Trend erkennbar: Es geht weiter nach rechtsaußen“, sagte Haldenwang.
Haldenwang weist auf Unterschiede je nach Parteiebene hin
Bereits die Einstufung als Verdachtsfall ermöglicht seiner Behörde den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. Dazu zählen unter anderem die Observation und das Einholen von Auskünften über Informanten aus der jeweiligen Szene. Beim Einsatz solcher V-Leute ist man allerdings, was Parteien angeht, inzwischen sehr zurückhaltend und vorsichtig. Denn das erste von zwei erfolglosen Verbotsverfahren gegen die rechtsextremistische NPD war 2003 wegen der zahlreichen V-Leute, die der Verfassungsschutz auch in der Führungsriege der Partei hatte, eingestellt worden.
Dass „die rechtsextremistischen Strömungen“ in der AfD stetig an Bedeutung gewännen, sei aber auch ohne solche Methoden augenfällig, hob Haldenwang hervor. Er sagte: „Da brauche ich gar nicht so sehr über die Ergebnisse unserer nachrichtendienstlichen Bemühungen zu sprechen, schon das, was mit öffentlichen Mitteln wahrnehmbar ist, bestätigt diese Einschätzung.“ Der Verfassungsschutz beobachte hier allerdings Unterschiede zwischen den verschiedenen Ebenen der Partei. Auf Bundesebene vermeide man eher klare rechtsextremistische Äußerungen, „je tiefer man aber in die Parteistrukturen blickt, desto sichtbarer werden die fremdenfeindlichen, antisemitischen, völkischen und die Würde von Menschen verletzenden Äußerungen“.