Deutsche Reaktionen auf Trump : Der Dritte unter den neunten Novembern
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Bundeskanzlerin Angela Merkel: Hielt sich sehr knapp für eine Regierungserklärung. Bild: dpa
Warum viele deutsche Politiker auf die Wahl von Donald Trump mit Zurückhaltung reagieren – und was sich nun für Deutschland ändern könnte.
Kurz und knapp ist die Erklärung Angela Merkels gewesen - dem politischen Protokoll gerade noch entsprechend, vorgetragen nicht einmal mit den unter Diplomaten üblichen Floskeln von der Freude auf künftige Zusammenarbeit. „Ich gratuliere dem Gewinner der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump, zu seinem Wahlsieg“, las die Bundeskanzlerin aus ihrer Erklärung vor.
Selbstverständlichkeiten hatte sie sich aufgeschrieben, die wie Ermahnungen klangen. „Deutschland und Amerika sind durch Werte verbunden: Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung.“ Es folgte ein Satz, hinter dem sich Befürchtungen, Entsetzen und Enttäuschung zu mischen schienen. „Auf der Basis dieser Werte biete ich dem künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump, eine enge Zusammenarbeit an.“ Trumps Versicherung, er werde „mit allen fair umgehen, mit allen - mit allen Völkern und anderen Nationen“, fand in Merkels Erklärung keinen Widerhall.
Ganz anders wäre Merkels Erklärung ausgefallen, hätte Hillary Clinton die Wahl gewonnen, so wie es Merkel wahrscheinlich erwartet, gewiss aber gewünscht hatte. Sie kenne die neue Präsidentin seit langem, hätte Merkel wohl gesagt. Sie seien einander vertraut. Oder auch, sie freue sich, dass nun auch in Washington eine Frau an der Staatsspitze stehe. Zwei Minuten am Mittwoch, um die Mittagszeit im Kanzleramt. Im Falle Trumps klang das so: „Wer dieses große Land regiert mit seiner gewaltigen wirtschaftlichen Stärke, seinem militärischen Potential, seiner kulturellen Prägekraft, der trägt Verantwortung, die beinahe überall auf der Welt zu spüren ist. Die Amerikanerinnen und Amerikaner haben entschieden, dass diese Verantwortung in den nächsten vier Jahren Donald Trump tragen soll.“ Oder auch, weil dieser im Wahlkampf seine Konkurrentin mit der Bemerkung, Clinton sei wie Merkel, attackiert hatte: „Der Wahlkampf in diesem Jahr war ein besonderer, mit zum Teil schwer erträglicher Konfrontation. Ich habe also, wie wohl die allermeisten von Ihnen, dem Wahlausgang mit besonderer Spannung entgegengesehen.“
Gauck gratuliert namenlos
Joachim Gauck, der deutsche Bundespräsident, dessen Amtszeit nur wenige Wochen nach derjenigen des jetzigen amerikanischen Präsidenten Barack Obama enden wird, der also Donald Trump wohl nicht mehr treffen wird, gratulierte ihm, ohne seinen Namen zu erwähnen. Gauck tat das von Cottbus aus, wo er sich aufhielt, weil im Raum einer einst christlichen Kirche eine Synagoge eingerichtet worden war. Mit der sprachlichen Raffinesse, die Gauck zueigen ist, begann er seinen Kommentar zum Wahlausgang in Amerika mit einer Erinnerung daran, dass der 9. November in mehrfacher Hinsicht historische Bedeutung habe. Er erwähnte den Mauerfall 1989 ebenso wie die Reichspogromnacht im Jahr 1938 und leitete dann über zum Blick auf Amerika. „Gleichzeitig ist es ein Tag, der viele Menschen in der Welt beunruhigt hat.“
Diese „große Beunruhigung“ sei während des Wahlkampfes in Amerika entstanden. Damit hatte der Bundespräsident zwar keinen direkten Vergleich zwischen den dunklen Ereignissen der Nazi-Zeit mit der Wahl Trumps hergestellt. Aber Zufall war es sicher nicht, dass Gauck alles in einem Atemzug erwähnte.