Urteil zum Flughafenausbau : Bundesverwaltungsgericht verbietet Nachtflüge
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Anflug auf die Nordwest-Landebahn des Frankfurter Flughafens - über Dächer in Kelsterbach. Bild: Kaufhold, Marcus
Das Bundesverwaltungsgericht verbietet Nachtflüge am Frankfurter Flughafen. Die 17 vom Land Hessen genehmigten Flüge zwischen 23 und fünf Uhr seien nicht erlaubt, sagte der Vorsitzende Richter.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Nachtflugverbot für den Frankfurter Flughafen bestätigt. Das Gericht wies am Mittwoch in Leipzig die Revision des Landes Hessen gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Kassel zurück, der die von der Landesregierung genehmigten 17 Flüge in der Zeit zwischen 23 und fünf Uhr abgelehnt hatte. Zugleich verwarfen die Richter in Leipzig die Revisionsklagen von Flughafenanliegern gegen das Urteil der Kasseler Richter. Damit steht der weiteren Entwicklung des größten deutschen Verkehrsflughafens nichts mehr im Wege.
Der rheinland-pfälzische Infrastruktur-Staatssekretär Jürgen Häfner (SPD) lobte die Entscheidung. „Das ist ein guter Tag für die Menschen im
Rhein-Main-Gebiet“, teilte er am Mittwoch mit. Das Leipziger Gericht habe anerkannt, dass der unerträgliche Lärm für viele nicht mehr hinzunehmen sei. Das sei eine „kluge Entscheidung“.
Luftverkehrsbranche: Wettbewerbsfähigkeit weiter eingeschränkt
Die Luftfahrtbranche kritisierte das Verbot. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei „ein weiterer Schritt, der die
Wettbewerbsfähigkeit deutscher Fluggesellschaften und Flughäfen
gegenüber der ausländischen Konkurrenz einschränkt“, sagte der
Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft,
Klaus-Peter Siegloch, am Mittwoch.
Damit verschlechterten sich die Entwicklungsmöglichkeiten Frankfurts im Vergleich zu wichtigen Konkurrenten in Europa und Nahost. „In Amsterdam, Paris, London oder Dubai gibt es solche Beschränkungen nicht“, sagte Siegloch. Der Verband forderte die Bundesregierung auf, für faire Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Luftfahrt zu sorgen. Dazu gehöre auch die Abschaffung der Luftverkehrsteuer für Starts von deutschen Flughäfen.
Verkehrsclub: Einheitliche Regeln für alle Flughäfen nötig
Die Lufthansa bewertete das Nachtflugverbot als schweren Schlag gegen den Wirtschaftsstandort Deutschland. „Es besteht kein Zweifel, dass eines der größten Drehkreuze Europas im internationalen Wettbewerb zurückfallen wird“, sagte der Lufthansa-Vorstandsvorsitzende Christoph Franz.
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) forderte einheitliche Regeln für alle deutschen Flughäfen, damit eine Umleitung von Flügen auf Flughäfen mit längeren Betriebszeiten vermieden werde. „Die Einschränkung der Lebensqualität durch Fluglärm hat bei den Betroffenen in der Nähe von Flughäfen schwerste Krankheiten zur Folge. Die Entscheidung aus Leipzig muss deshalb Signalwirkung haben“, erklärte der VCD.
Planfeststellungsbeschluss muss geändert werden
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel hatte die vorgesehene Regelung für Nachtflüge in Frankfurt beanstandet. Diese Entscheidung wurde nun vom obersten deutschen Verwaltungsgericht bestätigt. Hessen muss jetzt den Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Flughafens von drei auf vier Bahnen, ändern. Keine Einwände erhob das Bundesgericht gegen die darin zugelassenen 133 Flüge in den Randstunden zwischen 22 und 23 Uhr sowie fünf und sechs Uhr.
Die hessische CDU/FDP-Landesregierung hatte vor dem Urteil angekündigt, ein komplettes Nachtflugverbot zu erlassen, wenn dies rechtlich möglich sei. Derzeit gilt noch ein vorläufiges Nachtflugverbot, welches der VGH zur Inbetriebnahme der neuen Landebahn im vergangenen Oktober verhängt hatte.
Fluglärmgegner wollen Proteste fortsetzen
Mit dem Leipziger Urteil geht ein jahrelanger Rechtsstreit um den
Frankfurter Flughafen vorläufig zu Ende. Im Jahr 2007 hatte
das Land die vierte Landebahn und den damit verbundenen Ausbau
genehmigt. Der Widerstand gegen das Großprojekt war zuletzt im
Rhein-Main-Gebiet stark gewachsen. An Montagabenden versammelten sich seit Monaten jeweils mehrere tausend Demonstranten im Flughafengebäude.
Die Fluglärmgegner sehen sich durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt. Die obersten deutschen Verwaltungsrichter hätten nun das Ergebnis der Mediation und das Recht auf ein Nachtflugverbot anerkannt, sagte Ingrid Kopp, Sprecherin eines Bündnisses aus mehr als 60 Bürgerinitiativen rund um den Frankfurter Flughafen. Die Entscheidung sei erwartet worden. „Etwas anderes hätte unseren Glauben an den Rechtsstaat erschüttert.“
Die Initiatoren wollen die Proteste dennoch fortsetzen. Ziel sei es, auch tagsüber den Lärm zu verringern. Luftverkehrsunternehmen haben dagegen immer wieder auf die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens verwiesen. Aus ihrer Sicht sind Nachtflüge - vor allem wegen des Frachtverkehrs - unverzichtbar.
Im vergangenen Herbst hatte sich das Bundesverwaltungsgericht
schon einmal mit Nachtflugregelungen beschäftigt, damals ging es um den künftigen Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg. Nach dem Urteil sind dort zwischen 22 Uhr und Mitternacht sowie zwischen fünf und sechs Uhr durchschnittlich 77 Starts und Landungen erlaubt, maximal 103. Von Mitternacht bis fünf Uhr gilt ein weitgehendes Nachtflugverbot.