Umgang mit früherem Kanzler : „Eigentlich schämen sich viele Sozialdemokraten nur noch für Gerhard Schröder“
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Gerhard Schröder mit Wladimir Putin im Oktober 2019 in Moskau Bild: Reuters
In der SPD wächst der Unmut über den früheren Kanzler Gerhard Schröder. Es taucht die Forderung auf, ihn zur „persona non grata“ zu machen.
In der SPD gewinnt die Debatte über den Umgang mit dem früheren Parteivorsitzenden und ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder an Fahrt. Erste SPD-Politiker bezeichneten die bisherigen Distanzierungen ihrer Parteispitze von Schröder als unzureichend. Martin Günthner, langjähriger Bremer Senator und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bremischen Bürgerschaft, bezeichnete den Umgang seiner Partei mit dem früheren Kanzler im Gespräch mit der F.A.Z. als „larmoyant“ und erzählte von greifbarem Unmut bei vielen Mitgliedern in der Partei. „Eigentlich schämen sich viele Sozialdemokraten nur noch für Gerhard Schröder“, sagte Günthner und forderte die Parteispitze auf, diese Entwicklung nicht zu ignorieren.
„Die Parteispitze taucht in der Frage derzeit ab, die Brisanz des Falls ist dort offenbar noch nicht angekommen.“ Ein Parteiausschlussverfahren befürwortete Günthner mit Blick auf rechtliche Unwägbarkeiten und die Dauer eines solchen Prozesses nicht. Stattdessen forderte der SPD-Politiker aus Bremerhaven: „Man muss Gerhard Schröder in der Partei jetzt zu einer ,persona non grata‘ machen.“
Die SPD-Politikerin Gesine Schwan sagte dem „Spiegel“, Schröder sei ein „freiwilliger Lobbyist für einen kriegsführenden Aggressor“ und forderte von der Parteispitze einen „klaren Schnitt zu Schröder“. Aus Gerhard Schröders SPD-Landesverband in Niedersachsen sind solche Stimmen bisher nicht zu vernehmen. Führende Genossen gingen in den vergangenen Tagen zwar zunehmend auf Distanz zu Schröder, der der Ukraine noch kurz vor dem Überfall durch Russland „Säbelrasseln“ vorgeworfen hatte.
Sichtbare Konsequenzen für Schröder werden jedoch abgelehnt. Im Rat der Landeshauptstadt Hannover wies die grün-rote Mehrheit am Donnerstagabend einen Antrag der CDU zurück, der Schröder zur Beendigung seiner Tätigkeit für das Putin-Regime aufforderte und drohte, ihm andernfalls die Ehrenbürgerwürde abzuerkennen. Die SPD warf der CDU „parteipolitisches Kalkül“ bei ihrem Antrag vor.
Unterdessen wurde die Bewachung von Schröders Büro durch die Behörden verstärkt. Vor seinem Haus standen am Donnerstagmorgen sowohl uniformierte Polizisten der niedersächsischen Polizei als auch das Bundeskriminalamt in Zivil. Zum Umfang der Schutzmaßnahmen wurden keine Aussagen gemacht.