Umfrage zu Geschlechterpolitik : Sexismus in der Piratenpartei
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Wie viele Piratinnen es gibt, weiß niemand - auf Parteitreffen sind es selten viele Bild: dpa
Die Piratenpartei fordert die Abschaffung von Geschlechtsmerkmalen im Personalausweis und steht für eine Politik, die sie „postgender“ nennt. Zwischen Piraten und Piratinnen spielt das Geschlecht aber offenbar noch eine Rolle - das legt eine Umfrage nahe.
Mehr als ein Viertel der weiblichen Mitglieder der Piratenpartei gibt an, schon Erfahrungen mit Sexismus in der Partei gemacht zu haben. Das ist das Ergebnis einer von der Partei initiierten Umfrage (PDF), an der sich im Internet 1200 Parteimitglieder beteiligten, darunter 218 Frauen. Diese Angaben sind aber nicht überprüfbar, weshalb die Partei die Ergebnisse nur als „Stimmungsbild“ wertet. Auf die Frage: „Hast Du in der Piratenpartei schon einmal sexistische Kommentare (z.B. „Macho-Sprüche“) mitbekommen?“ antworteten 27 Prozent der befragten Frauen und sechs Prozent der Männer mit „Ja, ich war auch schon selbst betroffen.“ Unter „Sexismus“ verstehen 81 Prozent aller Befragten, „Menschen auf Geschlechterrollen festzulegen“.
Aus der Umfrage geht hervor, dass die männlichen Befragten eher als die Frauen von Gleichberechtigung in der Partei ausgehen. Sie fühlen sich auch öfter als „Mensch“ wahrgenommen, nicht als Zugehöriger eines Geschlechts. Einigkeit herrscht in der Ablehnung einer Frauenquote für die Partei: insgesamt 86 Prozent der Befragten sprachen sich dagegen aus und 73 Prozent der Frauen.
Die Piratenpartei nimmt für sich in Anspruch, für eine als „postgender“ bezeichnete Politik zu stehen, die Geschlechterunterschiede überwinden will. Sie fordert in ihrem Programm eine Tilgung des Merkmals “Geschlecht“ aus öffentlichen Dokumenten wie Ausweispapieren sowie die Abschaffung des „Zwangs zum geschlechtseindeutigen Vornamen“. Auf die Frage, „Glaubst Du, Du bist postgender?“ antworteten 27 Prozent der Befragten mit „Ja, ich versuche es.“, 12 Prozent sagten „Nein, finde es nicht erstrebenswert“.
Initiiert wurde die Umfrage vom „Kegelklub“, einem Berliner Zusammenschluss von Piratinnen und Parteimitgliedern, die sich für Geschlechterpolitik interessieren. Explizit werden auch „transsexuelle Eichhörnchen“ zu den unregelmäßigen Treffen eingeladen, bei denen bei Sekt und Selbstgebackenem über die Aufhebung von Geschlechterdifferenzen diskutiert wird. Lotte Steenbrink, die Mitglied im Kegelklub ist und an der Erarbeitung der Umfrage beteiligt war, nennt die Ergebnisse gegenüber FAZ.NET „nicht überraschend“, wenn es auch „traurig“ sei, dass es so viele „sexistische Vorfälle“ gebe. Dass die Piraten eine Frauenquote ablehnten sei logisch, schließlich hätten Piratinnen, die für Führungspositionen kandidierten, nachweislich bessere Chancen als Männer.
Wie viele Frauen unter den etwa 22.000 Piraten sind, ist unklar, weil die Partei keine Geschlechtsmerkmale erhebt. Im derzeitigen siebenköpfigen Bundesvorstand sind zwei Frauen, darunter die politische Geschäftsführerin Marina Weisband, die das erste bekannte Mitglied der Partei geworden war. Sie hatte im Januar angekündigt, ein Jahr lang nicht für Ämter zur Verfügung zu stehen, weil sie ihr Studium abschließen wolle. Für den neuen Bundesvorstand kandidieren derzeit drei Frauen, darunter mit Julia Schramm auch ein Mitglied des Kegelklubs.