Nach Kritik von Hofreiter : Mützenich verteidigt Scholz im Ampel-Streit
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Mützenich, Fraktionsvorsitzender der SPD, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Anfang April im Bundestag Bild: EPA
Der Grünen-Politiker Hofreiter und die Liberale Strack-Zimmermann werfen dem Bundeskanzler Führungsschwäche vor. Sie fordern schwere Waffen für die Ukraine. Rolf Mützenich mahnt zur Zurückhaltung.
Führende Politiker Ampel-Koalition haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Führungsschwäche vorgeworfen. Scholz spreche von Zeitenwende, aber setze sie nicht ausreichend um, „da braucht's deutlich mehr Führung“, sagte der Grünen-Politiker Anton Hofreiter. Er kritisierte vor allem die Ukraine-Politik des Bundeskanzlers. „Das Problem ist im Kanzleramt“, sagte der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Bundestags in der Sendung „RTL Direkt“ am Mittwochabend. „Wir müssen jetzt endlich anfangen, der Ukraine das zu liefern, was sie braucht, und das sind auch schwere Waffen.“ Zudem müsse Deutschland aufhören, das Energieembargo insbesondere bei Öl und Kohle zu blockieren.
Der Grünen-Politiker sagte, wenn man mit anderen europäischen Parlamentariern spreche, werde überall die Frage gestellt, wo eigentlich Deutschland bleibe. „Wir verlieren dort massiv Ansehen bei all unseren Nachbarn.“
Die Ukraine fordert schwere Waffen wie Kampfpanzer, Artilleriegeschütze und Luftabwehrsysteme von Deutschland. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich für die Lieferung schwerer Waffen ausgesprochen, Kanzler Scholz hat sich bisher zurückhaltend auf entsprechende Fragen geäußert.
Der „Passauer Neuen Presse“ sagte Hofreiter mit Blick auf Scholz: „Ich verstehe seine Haltung nicht.“ Im Fernsehsender „Phoenix“ hatte er bereits gefordert, der Kanzler müsse Führungsstärke zeigen. „Es hängt vor allem im Kanzleramt“, sagte er dort.
Strack-Zimmermann zieht Merkel-Vergleich
Auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), attestierte Scholz Führungsschwäche. Am Donnerstagmorgen antwortete sie im Deutschlandfunk auf die Frage, ob im Kanzleramt ein Zauderer arbeite: „Ja.“
„Er hat die Richtlinienkompetenz. Er muss jetzt klar sagen, was er will. Und dann können die Ministerien auch loyal im Kabinett abgestimmt handeln. Jetzt macht jeder so sein Ding. Und das geht natürlich nicht“, sagte die FDP-Politikerin am Mittwoch dem Fernsehsender „Welt“. Sie kritisierte, dass der Bundeskanzler unbedingt führen müsse, weil es zurzeit zwischen den verschiedenen Ministerien eine „komplexe Gemengelage“ gebe. „Er muss jetzt klar sagen, was er will“, sagte Strack-Zimmermann. Den Führungsstil von Kanzler Scholz erinnere die Verteidigungsexpertin an die Legislatur seiner Vorgängerin. Angela Merkel habe auch selten die Richtung vorgegeben, „sondern mal geguckt, wo die Meinung der Menschen hingeht, um sich dann an die Spitze der Bewegung zu setzen.“ Bei ntv hatte sie gesagt: „Ich würde ja gerne auf Granit beißen. Aber es ist ja mehr in Watte, in die man beißt, weil man eigentlich gar nicht genau weiß, was der Kanzler will. Das macht es wesentlich schwieriger.“
Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, äußerte sich am Donnerstag zu den Vorwürfen und verteidigte die Politik des Kanzlers. „Einfache Antworten, auch bei der Lieferung von schwerem Kriegsgerät an die Ukraine, gibt es nicht. Wer das behauptet, handelt verantwortungslos“, teilte er mit. „Die Bilder und Berichte über den von Russland geführten Angriffskrieg gegen die Ukraine sind schrecklich und verstörend. Sich davon vor Ort ein Bild zu machen, kann richtig sein. Unter diesem Eindruck allerdings bisher beispiellose Entscheidungen zu fordern, ohne sie selbst verantworten zu müssen, ist falsch – zumal diese weitgehende Konsequenzen für die Sicherheit unseres Landes und der NATO haben könnten.“ Hofreiter und Strack-Zimmermann waren am Dienstag zusammen mit dem SPD-Politiker Michael Roth in die Ukraine gereist und hatten sich in Lemberg mit ukrainischen Parlamentariern getroffen.
Die Grünen-Spitze distanzierte sich von Hofreiters kritischen Worten. Das sei „nicht die Linie von Bündnis90/Die Grünen“, sagte der Parteivorsitzende Omid Nouripour am Donnerstag in Berlin. Die Koalition stehe sehr eng beieinander, um den immensen derzeitigen Herausforderungen gerecht zu werden. Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock sprächen gefühlt rund um die Uhr miteinander über den Krieg in der Ukraine. „Wir sind sehr dankbar für eine extrem enge Zusammenarbeit in dieser Bundesregierung in dieser Angelegenheit“, sagte Nouripour. Die Lage sei zu ernst für parteipolitisches Denken, die Regierung stehe geschlossen. Nouripour unterstützt allerdings die Forderung Baerbocks, der Ukraine nun auch schwere Waffen zu liefern, wie er am Montag deutlich gemacht hatte.