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Statistisches Bundesamt : Übersterblichkeit steigt auf 14 Prozent in letzter Novemberwoche

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Auch das Krematorium Dresden-Tolkewitz ist durch die hohe Übersterblichkeit an der Belastungsgrenze angelangt. Bild: dpa

Eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes zeigt: Die Übersterblichkeit ist im November kontinuierlich gestiegen – bis auf 14 Prozent in der letzten Woche des Monats. Mit Abstand den schlechtesten Wert verzeichnet Sachsen mit 55 Prozent.

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          Im November sind in Deutschland nach vorläufigen Berechnungen mindestens 84.480 Menschen gestorben. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das 11 Prozent beziehungsweise 8186 Menschen mehr, als in den Jahren 2016 bis 2019 durchschnittlich im November verstorben waren. Das geht aus einer Sonderauswertung der vorläufigen Sterbefallzahlen bis Ende November hervor. Mehr als 80.000 Sterbefälle in einem November gab es zuletzt im Jahr 1974 – damals wurden 81.006 Fälle gezählt.

          Die Differenz der Sterbefallzahlen zum Durchschnitt der vier Vorjahre wuchs über alle Novemberwochen hinweg. Insgesamt wurden für die letzte Woche des Monats, also die 48. Kalenderwoche vom 23. bis zum 29. November, bislang 20.699 Sterbefälle gemeldet – das sind 14 Prozent oder 2525 Fälle mehr. Die Zahl der Todesfälle von Personen, die zuvor laborbestätigt an Covid-19 erkrankt waren, stieg gleichzeitig von Woche zu Woche. In der 48. Kalenderwoche gab es insgesamt 2579 beim Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldete Covid-19-Todesfälle. Das sind 639 Fälle mehr als noch in der Vorwoche. Mittlerweile sind die erfassten täglichen Todeszahlen erheblich höher: Am Dienstag gab es laut RKI-Angaben vom Mittwochmorgen einen neuen Höchststand von 1129 Todesfällen binnen 24 Stunden im Zusammenhang mit dem Coronavirus, obwohl durch die Weihnachtszeit erwartungsgemäß weniger Fälle gemeldet werden als unter normalen Umständen.

          Die überdurchschnittlich hohen Sterbefallzahlen im November 2020 sind fast ausschließlich auf eine Zunahme von Sterbefällen in der Altersgruppe der Menschen ab 80 Jahren zurückzuführen. Hier ergab sich ein Plus von 19 Prozent. Die Sterbefallzahlen der unter 80-Jährigen lagen hingegen auf dem Niveau der Vorjahre. Laut den Zahlen des RKI treten Todesfälle durch Covid-19 gehäuft bei Menschen ab 80 Jahren auf.

          Langfristig betrachtet hat sich auch die Altersstruktur der Bevölkerung in den vergangenen Jahren verändert. Die Zahl der Menschen ab 80 Jahren ist in den Jahren von 2015 bis 2019 von 4,7 auf 5,7 Millionen gestiegen. Neben den direkten und indirekten Folgen der Corona-Pandemie können auch solche Verschiebungen in der Altersstruktur der Bevölkerung zu überdurchschnittlichen Sterbefallzahlen beitragen. Andererseits können die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie von der Maskenpflicht bis zum Lockdown auch bewirken, dass weniger Sterbefälle durch andere Infektionskrankheiten wie beispielsweise die Grippe verursacht werden, was sich ebenfalls auf die Differenz zum Durchschnitt der vergangenen vier Jahre auswirkt. Über die Häufigkeit einzelner Todesursachen können  Sterbefallzahlen allein deshalb keine Auskunft geben.

          Übersterblichkeit in Sachsen bis zu 55 Prozent

          Besonders auffällig ist die Entwicklung der Sterbefallzahlen in Sachsen. Die Differenz zum Durchschnitt der vier Vorjahre nahm auch dort im November von Woche zu Woche deutlich zu und liegt bezogen auf den gesamten Monat bei 39 Prozent, das ist ein Plus von 1708 Fällen. Für die letzte Novemberwoche wurden in Sachsen bislang 55 Prozent oder 586 Fälle mehr als im Vorjahresdurchschnitt gemeldet. In den anderen Bundesländern lag die Sterbefallzahl im gesamten Monat November maximal 14 Prozent (Brandenburg) über dem Durchschnitt der vier Vorjahre. Sachsen ist auch ein Hotspot der Corona-Pandemie, viele Kliniken des Landes ächzen unter der Last von Covid-19-Patienten.

          Das Netzwerk EuroMOMO zur Beobachtung von Sterblichkeitsentwicklungen registriert für die letzte Novemberwoche eine außergewöhnlich hohe Übersterblichkeit („extraordinary high excess“) für die Schweiz und Slowenien. Eine sehr hohe oder hohe Übersterblichkeit („very high excess“ oder „high excess“) wird für Belgien, Griechenland, Italien und Österreich gemeldet. In anderen europäischen Ländern stellt EuroMOMO für diese Kalenderwoche maximal eine mäßige („moderate excess“) Übersterblichkeit fest.

          Methodische Hinweise des Statistischen Bundesamtes

          Basis ist die Sonderauswertung „Sterbefälle – Fallzahlen nach Tagen, Wochen, Monaten, Altersgruppen, Geschlecht und Bundesländern für Deutschland 2016 bis 2020“. Für das Jahr 2020 werden erste vorläufige Daten berücksichtigt. Dabei handelt es sich um eine reine Fallzahlauszählung der eingegangenen Sterbefallmeldungen aus den Standesämtern ohne die übliche Plausibilisierung und Vollständigkeitskontrolle.

          Durch gesetzliche Regelungen zur Meldung von Sterbefällen beim Standesamt und Unterschiede im Meldeverhalten der Standesämter an die amtliche Statistik sind aktuelle Aussagen zur Zahl der Sterbefälle mit einem Verzug von etwa vier Wochen möglich. Durch die verzögerten Meldungen werden sich die vorliegenden Ergebnisse für das Jahr 2020 noch leicht erhöhen.

          Anhand der vorläufigen Sterbefallzahlen können Phasen der Übersterblichkeit identifiziert werden. Für eine abschließende Einordnung der Sterblichkeitsentwicklung eines Jahres werden die Sterbefälle unter anderem ins Verhältnis zur Bevölkerung gesetzt, um beispielsweise auch den Alterungsprozess der Bevölkerung adäquat einzubeziehen. Die dafür erforderlichen endgültigen Ergebnisse sollen Mitte des Jahres 2021 vorliegen.

          Die vorläufigen Sterbefallzahlen beziehen sich auf den Sterbetag, nicht auf das Meldedatum. Da die gemeldeten Covid-19-Todesfälle vom RKI nach Sterbetag ebenfalls mit einem Verzug von vier Wochen veröffentlicht werden, ist ein zeitlicher Vergleich mit den vorläufigen Gesamt-Sterbefallzahlen möglich.

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