Nach Mord an Georgier : Regierung weist zwei russische Botschaftsmitarbeiter aus
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Ein Georgier wird in Berlin hinterrücks erschossen. Schnell gibt es Spekulationen: War es die Tat eines Auftragskillers – auf Anweisung Moskaus? Das prüft nun die Bundesanwaltschaft. Moskau kündigt derweil „Vergeltungsmaßnahmen“ an.
Nach dem mutmaßlichen Auftragsmord an einem Georgier in Berlin gibt es eine diplomatische Krise zwischen Deutschland und Russland. Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen zu dem brisanten Fall übernommen, wie die Behörde am Mittwoch in Karlsruhe mitteilte. Sie verfolgt den Anfangsverdacht, dass staatliche Stellen in Russland oder in der Teilrepublik Tschetschenien dahinterstecken. Die Bundesregierung reagierte prompt und wies nach dem Mord an einem Georgier zwei russische Diplomaten aus. Russland kündigte daraufhin an, ebenfalls Schritte einzuleiten.
Der Schritt sei „unfreundlich und grundlos“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Mittwoch in Moskau. „Wir sind gezwungen, eine Reihe von Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen.“ Der Ministeriumssprecher warf der deutschen Seite vor, die Ermittlungen zu „politisieren“. Dies sei nicht hinnehmbar.
Moskau weist Vorwürfe zurück
Das Auswärtige Amt in Berlin hatte die zwei russischen Diplomaten kurz zuvor zu unerwünschten Personen erklärt. Die Bundesregierung zieht damit wenige Tage vor dem Ukraine-Gipfel mit Kremlchef Wladimir Putin und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Konsequenzen aus einer möglichen Verstrickung des russischen Geheimdienstes in den Fall.
Der Kreml erklärte am Mittwoch noch vor der offiziellen Übernahme des Verfahrens durch die Bundesanwaltschaft, dass in Moskau nichts über diesen Vorgang bekannt sei. „Wir sind absolut nicht auf dem Laufenden in diesem Fall“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Es handle sich um „Hypothesen ohne jede Grundlage“, einen „seriösen Verdacht“ gebe es nicht.
Über Verwicklungen Russlands in den Fall gab es bereits in der Vergangenheit wiederholt Spekulationen. Ein Sprecher der russischen Regierung hatte wenige Tage nach der Tat aber jede Verbindung bestritten.
Am 23. August war ein 40 Jahre alter Tschetschene mit georgischer Staatsangehörigkeit in einem kleinen Park in Berlin-Moabit von hinten erschossen worden. Sein Mörder hatte sich ihm am helllichten Tag auf einem Fahrrad genähert und auf Rücken und Kopf gezielt. Der mutmaßliche Täter, ein 49 Jahre alter Mann mit russischem Pass, war kurz nach der Tat gefasst worden. Seit seiner Festnahme schweigt er.
Ein Mord im Auftrag staatlicher Stellen?
Mit der Ausweisung der beiden Diplomaten reagiert Deutschland nach Angaben des Auswärtigen Amtes darauf, dass die russischen Behörden trotz wiederholter ranghoher und nachdrücklicher Aufforderungen nicht hinreichend an der Aufklärung mitgewirkt hätten.
Wegen des Verdachts, dass staatliche Stellen in Russland oder in der Teilrepublik Tschetschenien den Mord in Auftrag gegeben haben, übernahm am Mittwoch die Bundesanwaltschaft den Fall. Es bestehe ein Anfangsverdacht, teilte die Karlsruher Behörde mit.
Zuständig ist die Bundesanwaltschaft nur dann, wenn es den konkreten Verdacht gibt, dass der Geheimdienst einer fremden Macht hinter einer Tat steht. Dann wird in Karlsruhe die Spionage-Abteilung tätig. Hintergrund ist, dass „geheimdienstliche Agententätigkeit“ die äußere Sicherheit Deutschlands gefährden könnte.
Das Mordopfer soll nach Angaben der Behörde Anfang der 2000er-Jahre auf der Seite muslimischer Tschetschenen gegen Russland gekämpft. Auf den Mann habe es im Mai 2015 in der georgischen Hauptstadt Tiflis schon einmal einen Mordanschlag gegeben, den er verletzt überlebte.
Merkel sieht kein Risiko für Ukraine-Gipfel
Kremlsprecher Peskow betonte nun, dass die Entwicklung in dem Mordfall den Ukraine-Gipfel in Paris am Montag (9. Dezember) zur Lösung des Konflikts im Donbass nicht überschatten solle.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rechtfertigte die Ausweisung der Diplomaten. Der Schritt sei nötig gewesen, „weil wir nicht gesehen haben, dass Russland uns bei der Aufklärung diese Mordes unterstützt“, sagte Merkel in London. Sie erwarte aber nicht, dass die diplomatischen Spannungen zwischen Berlin und Moskau den bevorstehenden Ukraine-Gipfel im sogenannten Normandie-Format beeinträchtigen werden.
„Ich glaube nicht, dass dadurch das Normandie-Treffen belastet ist“, sagte Merkel. „Hier geht es um die Ukraine.“ Die Kanzlerin sagte, dass sie am Rande des Nato-Gipfels in London mit den Verbündeten bilateral über die deutsche Entscheidung zur Ausweisung der Diplomaten gesprochen habe.