Einheitliches Wahlalter : Studie empfiehlt Wählen ab 16 auf allen Ebenen
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In einer Wahlbehörde in Dresden sind zahlreiche Wahlurnen mit Stimmzettelumschlägen für die Briefwahl gefüllt Bild: dpa
Unterschiedliche Altersgrenzen beim Wählen verwirren laut einer Studie einige Jugendliche. Das befördere zudem die soziale Ungleichheit bei der politischen Teilhabe.
Unterschiedliche Altersgrenzen beim Wählen stiften unter Jugendlichen Verwirrung und Unsicherheit – und sie befördern soziale Ungleichheit bei der politischen Teilhabe. Das zeigt eine Studie der Freien Universität (FU) Berlin und der Otto-Brenner-Stiftung, der eine Online-Umfrage unter Jugendlichen in Bezug auf die Wahlen in Berlin am 26. September 2021 zu Grunde liegt. An dem Tag fanden insgesamt vier verschiedene Wahlen in den Wahlbüros der Hauptstadt statt – mit unterschiedlichen Altersbeschränkungen. Wähler von 16 Jahren an konnten bei der Wahl der Bezirksverordnetenversammlungen ihre Stimme abgeben, nicht aber für Bundestagswahl, Landtagswahl und einen Volksentscheid – da musste Wähler jeweils mindestens 18 Jahre alt sein.
Etwa zwanzig Prozent der Minderjährigen hielten sich laut der Umfrage dennoch für alle vier Abstimmungen wahlberechtigt. Zehn Prozent der Befragten wussten wiederum nichts von ihrem eigentlichen Wahlrecht zur Bezirksverordnetenversammlung. Insgesamt wurden etwa 5000 Jugendliche im Alter von 15 bis 20 Jahren befragt. Laut der Studie waren sich vor allem Minderjährige, die sich einer unteren Gesellschaftsschicht zugehörig fühlen, unsicher, wo sie ihr Kreuz setzen dürfen. 35 Prozent von ihnen dachten, dass sie an der Bundestagswahl teilnehmen können. „Jugendliche, die sich selbst der Unterschicht zuordnen, verzeichnen die höchsten Fehlwahrnehmungen, blieben also im schlimmsten Fall den Wahlen aus Unwissenheit fern“, sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Otto-Brenner-Stiftung. In der Oberschicht fällt die Wahlbeteiligung ohnehin höher aus als in der Unterschicht. Bei den 16 und 17 Jahre alten Wahlberechtigten in Berlin sind die Abstände zwischen den gesellschaftlichen Schichten laut der Studie noch größer.
Eine mögliche Lösung des Problems besteht nach Auffassung der Autoren darin, das Wahlalter auch auf Bundesebene auf 16 Jahre abzusenken. Die so entstandene größere Aufmerksamkeit mobilisiere mehr Jugendliche und die Wahl stoße so generell auf mehr Interesse. Die Ergebnisse der Studie richten sich dementsprechend in Richtung Bundestag. Der „föderale Flickenteppich“ für Altersgrenzen im Wahlrecht verwirre die Jugendlichen, heißt es darin. Eine Einigung auf Bundesebene sei besser.
In einer früheren Untersuchung, der „Jugendwahlstudie 2019“, hatten die Politikwissenschaftler Thorsten Faas und Arndt Leininger der FU Berlin bereits festgestellt, dass 15 bis 20 Jahre alten Jugendlichen die politische Teilhabe gleichermaßen zuzutrauen sei. In dieser Altersspanne bestehe der Umfrage zufolge kein großer Unterschied zwischen den einzelnen Jahrgängen beim Fachwissen, das nötig sei, um eine Wahlentscheidung zu treffen.