Kosten von DDR-Altlasten : Deshalb verklagt Thüringen jetzt den Bund
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Das Kaliwerk Bischofferode in Thüringen wurde 1993 stillgelegt. Bild: Klein, Nora
Das Kabinett in Erfurt hat beschlossen, gerichtlich gegen den Bund vorzugehen. Der Freistaat will so einen Streit beenden, in dem es um die finanziellen Folgen des Kali-Abbaus in der ehemaligen DDR geht.
Die Thüringer Landesregierung will im Dezember vor dem Verwaltungsgericht Köln Klage sowohl gegen die in Bonn ansässige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben als auch gegen die Bundesregierung einreichen. Das beschloss das rot-rot-grüne Minderheitskabinett auf seiner jüngsten Sitzung. Hintergrund ist ein bereits seit Jahren schwelender Streit um die Übernahme von Kosten der Beseitigung und Sanierung von Altlasten aus dem Kali-Bergbau.

Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.
Vor mehr als 20 Jahren hatte sich die damals CDU-geführte Thüringer Regierung in einem sogenannten Generalvertrag mit dem Bund dazu verpflichtet, die Altlasten stillgelegter und ausgebeuteter Kaligruben sowie die Hinterlassenschaften des Teerverarbeitungswerks Rositz zu übernehmen. Der Bund zahlte dafür einmalig 443 Millionen D-Mark, die Sanierung übernahm im Wesentlichen das Bergbau-Unternehmen K+S, das in der Gegend auch nach wie vor Kalisalze fördert. „Das war schon damals ein schlechter Vertrag, für den wir jetzt teuer bezahlen“, sagt der Thüringer Umweltstaatssekretär Olaf Möller (Grüne). Das Geld des Bundes sei längst aufgebraucht, seit Jahren schon zahle Thüringen nun jährlich 16 Millionen Euro obendrauf. „Das ist einfach zu viel“, so Möller. „Thüringen kann diese ökologischen Folgekosten des DDR-Bergbaus nicht mehr allein schultern.“
Zahlungen 2012 eingestellt
Nach der Wiedervereinigung hatte die Treuhand die DDR-Kaligruben im thüringisch-hessischen Grenzgebiet an die damals zum BASF-Konzern gehörende, in Kassel ansässige Firma K+S übergeben, die Altlastenbeseitigung jedoch der öffentlichen Hand überlassen. Mit der Klage will Thüringen nun möglichst zügig Nachverhandlungen mit dem Bund erreichen, die dem Umweltministerium zufolge seinerzeit auch für den Fall vereinbart wurden, dass die tatsächlichen Sanierungskosten die einst vereinbarte Summe um mehr als ein Fünftel übersteigen.
Dies sei bereits seit 2017 der Fall, sagt Möller. Der Bund müsse sich deshalb mit 75 Prozent an den Kosten beteiligen, so wie es auch vor dem Generalvertrag üblich gewesen sei. Thüringen beruft sich dabei auch auf ein Verwaltungsabkommen zwischen der Bundesrepublik und den ostdeutschen Ländern zur Finanzierung ökologischer Altlasten. Der Bund allerdings lehnt bisher jegliche Nachverhandlung ab.
Thüringen hatte bereits im Jahr 2012 die Zahlungen an K+S eingestellt, woraufhin der Konzern das Land verklagt hatte. Das Verwaltungsgericht Meiningen verpflichtete das Land jedoch nicht nur zur Übernahme der Sanierungskosten, die der Freistaat seitdem unter Vorbehalt zahlt, sondern auch zur Übernahme von Kosten der Entsorgung des Materials in stillgelegten Gruben. Insbesondere dagegen wehrt sich das Land in einem Verfahren beim Oberverwaltungsgericht Weimar, das in der Sache Anfang kommenden Jahres entscheiden will. Bei der Bergbausanierung geht es neben der Beseitigung von salzhaltigen Abraumhalden und versalzenen Böden vor allem um die Sicherung stillgelegter Gruben, die einstürzen könnten.
In einige dieser Thüringer Gruben sollen künftig konzentrierte Salzabwässer aus aktueller Produktion in hessischen Gruben eingelagert werden. Thüringen allerdings wertet dies nicht als Sanierungs-, sondern als Entsorgungskosten und wehrt sich deshalb dagegen, diese zu übernehmen.