Marie-Agnes Strack-Zimmermann : „Bei der Frauenquote bin ich hin und her gerissen“
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Die stellvertretende Bundesvoristzende der FDP, Marie-Agnes Stack-Zimmermann, über das Verhältnis der FDP zu Frauen Bild: dpa
Nur 22 Prozent der Mitglieder der FDP sind weiblich, auch bei den Wählern wird die Partei überdurchschnittlich von Männern unterstützt. Woran liegt das? Ein Gespräch mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann, stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP.
Frau Strack-Zimmermann, Christian Lindner fordert, dass die FDP weiblicher wird. Die Partei habe sich in den vergangenen vier Jahren sehr verändert und sei zeitgemäßer geworden. Warum ist die FDP in digitalen Belangen auf einem moderneren Stand als im Bezug auf ihre Frauenpolitik?
Als wir 2013 anfingen die Partei wieder fit für den Deutschen Bundestag zu machen, hat Christian Lindner ein neues Team aufgestellt. Der Bundesvorsitz besteht neben Christian Lindner und Wolfgang Kubicki aus Katja Suding und mir. Und wir haben mit Nicola Beer eine Generalsekretärin. Richtig ist aber, dass nur ein knappes Viertel unserer Mitglieder Frauen sind. Ich begrüße es daher sehr, dass Christian Lindner nun diesen Vorstoß gemacht hat. Durch Frauen verändert sich der Ton, die Analyse und das Miteinander in den Gremien. Es sollte auch im Interesse der Männer sein, dass Frauen mit am Tisch sitzen, denn sie haben oft eine andere Sichtweise auf die Geschehnisse.
Der Frauenanteil auf den Landeslisten der FDP war bei der Bundestagswahl vor der AfD der Zweitkleinste. Wieso gelingt der FDP kein ausgeglichenes Verhältnis?
Das ist in der Tat unbefriedigend und wir machen uns schon länger Gedanken darüber. Es ist unsere Aufgabe, Frauen zu motivieren in die Partei zu kommen und Teil unseres Teams zu werden. Es ist keine leichte Aufgabe und die Gründe für das Missverhältnis sind vielfältig.
...nämlich?
Wenn man Frauen anbietet, sich politisch einzubringen, sind sie in der Regel sehr selbstkritisch und fragen sich: „Ich habe Familie, einen Job – kann ich das zeitlich überhaupt miteinander vereinbaren? Kann ich das leisten?“ Fragt man einen Mann, sagt dieser zu 99 Prozent: „Mach’ ich, kann ich, tu’ ich!“ Meine Erfahrung ist, dass die Wahrnehmung über die eigene Leistung bei Frauen deutlich ausgeprägter ist. Ich bemühe mich sehr besonders jungen Frauen ihre Selbstzweifel zu nehmen und Ihnen anzubieten: „Wir probieren es, und wenn es zeitlich eng wird, überlegen wir uns einen anderen Weg.“ Ich habe mich auch mit meiner Tochter, die Anfang 30 ist und deren Freundinnen, oft darüber unterhalten, warum ihre Generation politisch so antriebsschwach ist. Sie machte mir klar, dass berufstätig – und möglichst erfolgreich zu sein und gleichzeitig eine Familie zu organisieren, und sich dann noch in einer Partei zu engagieren, einfach zu viel des Guten sei. Da müssen wir Älteren uns natürlich die Frage gefallen lassen, wie wir insbesondere die jüngere Generation ansprechen wollen. Sie fehlen im parteipolitischen Geschäft und das ist ein wirklicher Verlust.
Laut einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) wird die FDP überdurchschnittlich von Männern unterstützt. Bei SPD und Union sind die Anteile von männlichen und weiblichen Wählern nahezu gleich, bei der FDP überwiegen die Männer mit etwa 60 zu 40. Wie erklären Sie sich den Männerüberhang?
Wir haben uns diese Zahlen natürlich auch angeschaut. Mit einem Augenzwinkern verwundert es mich, dass wir mit Christian Lindner einen Spitzenkandidaten und Parteichef haben, der von Journalisten besonders in Wahlkampfzeiten, ob seines Aussehens, immer wieder als attraktiver Mann und cooler Typ beschrieben wurde, dass offensichtlich bei der Mehrheit der Wählerinnen dieses bei der Abgabe ihrer Stimme aber nicht diese hohe Relevanz hatte. Ich gestehe, ich hätte gerne eine schlüssige Antwort. Dann wären wir der Lösung schon näher. Im Vergleich zu den Grünen zum Beispiel, ist die FDP geprägt von der Innen- , Wirtschafts- und Rechtspolitik. Obwohl wir mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger eine erfolgreiche und prinzipientreue Justizministerin hatten, gelten diese politischen Felder als wenig emotional im Gegensatz zum Beispiel zum Thema Umwelt. Es mag sein, dass Frauen auf letzteres stärker reagieren, weil es ihr unmittelbares Lebensgefühl berührt. Wir Freie Demokraten sollten möglicherweise manches Thema deutlich empathischer artikulieren.