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Steinmeiers Rede : Dann wird Deutschland die Prüfung bestehen

„Wir müssen konfliktfähig werden“: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Freitag im Schloss Bellevue. Bild: dpa

Der Bundespräsident setzt im Ringen mit Putin auf den widerstandskräftigen Bürger. Von seinen alten Träumen von Russland hat Steinmeier sich verabschiedet.

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          Der Bundespräsident hat sich viel Zeit gelassen, bis er diese Rede hielt. Nun aber legte er umfassend dar, wie er die Lage der Nation und der Welt nach dem von Putin herbeigeführten Epochenbruch sieht, und wie die Deutschen darauf reagieren müssten.

          Für Steinmeiers Verhältnisse war das eine Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede, auch wenn das bei ihm Gegenwind, Zerreißprobe und Verzicht heißt. Doch selbst mit diesen Worten müsste die Botschaft angekommen sein: Die goldenen Zeiten sind vorbei, die Deutschland seit der Wiedervereinigung erleben durfte, auch wenn sie nicht für jeden einzelnen golden waren.

          Früher halfen immer Vater Staat und Mutter Merkel

          Doch hätte der Bundespräsident seinen Beruf verfehlt, wenn er den Deutschen nicht auch die Hoffnung gemacht hätte, dass sie diese Krise gut überstehen würden, jedenfalls könnten. Das würde mit der von Steinmeier beschworenen Einigkeit leichter gehen als im ewigen Disput über alles und jedes. Es muss sich aber erst noch zeigen, wie weit die Bereitschaft der deutschen Gesellschaft zum Konsens reicht, wenn der Gürtel nicht nur um ein Loch enger geschnallt werden muss. Das könnte öfter und länger nötig sein als in all den Krisen, die Deutschland in diesem Jahrhundert schon erlebte

          Bevor die Deutschen ans Eingemachte gehen mussten, halfen immer Vater Staat und Mutter Merkel. Ihrem Beispiel folgt bisher auch die Ampel-Koalition. Aber auch sie kann nicht jedes Unheil abfangen und nicht endlos Schulden machen.

          Deshalb wird viel davon abhängen, ob es den widerstandskräftigen Bürger, dessen Eigenschaften Steinmeier ausführlich beschrieb, in ausreichender Zahl gibt. Wenn das so ist, dann muss Deutschland sich weder vor Putin noch vor Xi Jinping fürchten. Dann wird auch die deutsche Demokratie die Prüfung bestehen, die ihr ein Diktator auferlegte, der am Vortag eine völlig andere Weltsicht präsentiert hatte als der Bundespräsident. Putins Rede war gespenstisch. Selbst Steinmeier konnte danach mit Blick auf Russland nur sagen: Es ist kein Platz mehr für alte Träume.

          Berthold Kohler
          Herausgeber.

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