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Jasper von Altenbockum (kum.)

Steinbrück wird Kanzlerkandidat : Es wurde auch Zeit

Tritt gegen die Kanzlerin an: Peer Steinbrück Bild: dpa

In der Troika kämpften zuletzt nicht mehr drei Herausforderer um die Kandidatur, sondern sie behinderten sich gegenseitig. Nun hat Steinbrück vorerst gewonnen. Der Sieger für die Zeit nach der Wahl aber heißt Sigmar Gabriel.

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          Peer Steinbrück hat es geschafft. Seine Kanzlerkandidatur ist nicht nur die Hauptspeise in einem geschickt servierten Menü für Medien und Verlage, sondern auch ein Beweis für Durchsetzungskraft. Sigmar Gabriel sieht es zwar so: Er, der Parteivorsitzende, war es, der auf den Gedanken kam, Peer Steinbrück in die Arena zurückzuholen, weil er selbst außerhalb der Partei zu unbeliebt sei. So muss es Gabriel aber auch sehen, wenn er seine Autorität als Parteivorsitzender wahren wollte, ohne die eigentlich auf ihn zulaufende Aufgabe an sich zu reißen. Steinbrück war, das passt nicht ganz in diese Lesart, in der Troika der einzige, der sich immer wieder unmissverständlich in den Vordergrund drängte - und am Ende die beiden anderen verdrängte.

          Es wurde auch Zeit. Der Appetit auf das Troika-Menü war verbraucht. Hier kämpften zuletzt nicht mehr drei gleichwertige mögliche Herausforderer, sondern behinderten sich drei Kandidatenkandidaten gegenseitig, die den Anschein erweckten, es jeweils allein mit Frau Merkel nicht aufnehmen zu können (oder zu wollen). Die Strategie der SPD hatte sich außerdem gegen sich selbst gerichtet, dass erst die Programmatik und die Ausgangslage nach der Niedersachsen-Wahl feststehen müsse, dann erst der Kandidat für die Bundestagswahl im Herbst 2013 ausgerufen werde.

          Denn welches Programm könnte feststehen, wenn es nicht mit einem Gesicht verbunden werden könnte? Die Rentendebatte schließlich zeigte, dass ein innerparteilicher Wahlkampf entlang der drei Unentschlossenen auszubrechen drohte, den Gabriel schon immer verhindern wollte und den er nun wie ein Feuer löschen musste.

          Steinbrück will Kanzler werden, sonst nichts

          Denn was wäre einfacher gewesen, als einen Kanzlerkandidaten Steinbrück noch zu verhindern? Zwar erhielt der Finanzpolitiker viel Zuspruch aus der SPD-Linken für seine Vorstellungen über die Neuordnung der Finanz- und Bankenlandschaft. Doch die Rentendebatte hätte so weit getrieben werden können, dass eine Kandidatur Steinbrücks, die in der Partei ohnehin nicht nur auf Gegenliebe stößt, vollends wie eine Luftnummer ausgesehen hätte, jedenfalls eine Nummer, die dann besser zu Gabriel gepasst hätte. Das mag auch mit dazu beigetragen haben - neben persönlichen Motiven -, dass Steinmeier schließlich absagte.

          Die Troika aus dem Parteivorsitzenden Gabriel (links) und dem Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier (rechts) hat mit Peer Steinbrück einen Sieger gekürt
          Die Troika aus dem Parteivorsitzenden Gabriel (links) und dem Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier (rechts) hat mit Peer Steinbrück einen Sieger gekürt : Bild: dpa

          Mit Steinbrück hat Frau Merkel einen Gegner, der alles auf eine Karte setzt. Steinbrück will Kanzler werden, sonst nichts. Er hat ausgeschlossen, noch einmal in einem Kabinett Merkel Minister zu werden. Das war auch so interpretiert worden, dass er im Falle einer großen Koalition von CDU und CSU das Opfer fordern könnte, Frau Merkel fallen zu lassen. Doch das ließe sich von der SPD nur als Druckmittel einsetzen, wenn sie nicht mit dem Rücken zur Wand stünde und andere Optionen hätte - doch warum sollte sie dann nicht selbst den Kanzler stellen, wenn es die Möglichkeit doch gäbe?

          Steinbrück ist kein Freund politischer Experimente, nicht einmal ein großer Freund von Rot-Grün. Doch dass er sich die Kanzlerschaft deshalb nehmen ließe, so weit geht nicht einmal sein Schmidt-Schnauze-Konservativismus. Und warum nicht eine Ampel? Die FDP hat schon signalisiert, wie schnell das gehen könnte.

          Alles läuft auf Gabriel zu

          Die Karten werden mit Steinbrücks Kandidatur also neu gemischt. Auch in der SPD. Gabriel ist es gelungen, einen überzeugenden Kanzlerkandidaten küren zu lassen. Gewinnt Steinbrück im Herbst 2013, ist auch Gabriel ein gemachter Mann; und wenn er verliert, auch – so oder so läuft alles auf Gabriel zu. Das Schicksal Kurt Becks blieb ihm erspart. Steinbrück ist der Sieger dieser Troika. Gabriel der Gewinner für die Zeit danach.

          Jasper von Altenbockum
          Verantwortlicher Redakteur für Innenpolitik.

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