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Staatstrojaner : Regierung verspricht Aufklärung

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom vergangenen Sonntag ist ein Teil des Codes vom Staatstrojaner abgedruckt

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom vergangenen Sonntag ist ein Teil des Codes vom Staatstrojaner abgedruckt Bild: dapd

Der vom Chaos Computer Club entschlüsselte Trojaner ist nach offiziellen Angaben vom bayerischen Landeskriminalamt eingesetzt worden, aber nicht vom Bundesinnenministerium. Das Landgericht Landshut stellte im Januar 2011 fest, dass der Trojaner-Einsatz in Bayern vom Herbst 2010 teilweise rechtswidrig war.

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          Die Bundesregierung hat an diesem Montag umfassende und vollständige Aufklärung der Vorwürfe zugesagt, denen zufolge bei Sicherheitsbehörden des Bundes oder der Länder Spionage-Programme eingesetzt werden, deren Nutzung nicht im Einklang mit geltendemRecht und mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stünden. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte „totale Transparenz und Aufklärung“ zu. Die Regierung habe laut Koalitionsvertrag den Auftrag, den Kernbereich privater Lebensgestaltung, den Schutz der Persönlichkeit, besser abzusichern, sagte die Ministerin.

          Peter Carstens
          Politischer Korrespondent in Berlin

          Regierungssprecher Seibert sagte, die Bundesregierung nehme die Meldungen sehr ernst, nach denen der „Chaos Computer Club“ (CCC) eine Software erhalten und analysiert habe, die den Sicherheitsbehörden auch rechtlich unzulässige Eingriffe in private Computer ermöglicht habe. Das gehe, sagte Seibert „an das Vertrauen der Bürger in die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns.“

          Allerdings teilte das Innenministerium mit, dass in seinem Bereich das Programm, das etwa drei Jahre alt sei, nicht eingesetzt worden sei. Ein Sprecher sagte, dass weder das Bundeskriminalamt, noch das Bundesamt für Verfassungsschutz noch die Bundespolizei es eingesetzt hätten. Nach Angaben des Ministeriums sei die Software keine Behördenentwicklung, sondern „vermutlich“ im Ausland auf dem freien Markt erhältlich gewesen. Bundesinnenminister Friedrich (CSU) habe seine Länderkollegen gebeten, Entsprechendes auch bei den Landespolizeibehörden und bei den Landesämtern für Verfassungsschutz zu prüfen. Regierungssprecher Seibert sagte, das „möge kein langwieriger Prozess sein“.

          Unterdessen hat sich ein Rechtsanwalt aus Landshut gemeldet, der angibt, bei seinem Mandanten sei das Programm unbemerkt auf einen Laptop aufgebracht worden. In einer Mitteilung des Anwalts hieß es: „Aufgespielt wurde der Trojaner bei Gelegenheit einer Kontrolle meines Mandanten durch den Zoll auf dem Münchener Flughafen“ Auch wenn die Maßnahme selbst von bayerischen Behörden veranlasst worden sei, stehe für ihn „außer Frage, dass Stellen des Bundes – etwa der Zoll beziehungsweise das Zollkriminalamt – im Wege der Amtshilfe beteiligt waren.“ Er habe im Einvernehmen mit seinem Mandanten die betroffene Computerfestplatte dem CCC zur Begutachtung übergeben.

          Das bayerische Innenministerium teilte am Montag mit, dass eine Erstbewertung des Landeskriminalamts ergeben habe, dass die dem CCC zugespielte Software einem Ermittlungsverfahren der bayerischen Polizei aus dem Jahr 2009 zugeordnet werden könne. Innenminister Herrmann (CSU) hob hervor, dass das Landeskriminalamt nach Einschätzung des Ministeriums beim Einsatz der Trojaner alle rechtlichen Vorgaben eingehalten hat. Hingegen hatte das Landgericht Landshut bereits im Januar 2011 festgestellt, dass der Trojaner-Einsatz vom Herbst 2010 teilweise rechtswidrig war insoweit dabei sogenannte Screen-Shots, also Fotoabbildungen von Bildschirmseiten angefertigt wurden. Bei der Ermittlung ging es um den illegalen Verkauf von Betäubungsmitteln ins Ausland.

          Hessische Firma hat den Trojaner programmiert

          Der Kölner Anwalt Winfried Seibert teilte mit, der Staats-Trojaner sei mit großer Wahrscheinlichkeit von der in Haiger ansässigen Firma DigiTask programmiert worden. Das Unternehmen versorge die Behörden bereits seit Jahren mit der Software für die Überwachung von Telekommunikation. Nach einem Bericht des Hessischen Rundfunks hatte die Firma den bayerischen Ermittlungsbehörden im Herbst 2007 die Software angeboten. Ein Anwalt des Unternehmens bestätigte, dass das Programm von Digitask stammt..

          Der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Uhl, sagte, die Online-Durchsuchung und die Überwachung der Telekommunikation am Rechner vor ihrer Verschlüsselung (Quellen-TKÜ) seien „unverzichtbare Ermittlungsinstrumente der Sicherheitsbehörden – daran ändert auch die aktuelle Diskussion nichts“.

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