Spitzelverdacht im Verteidigungsministerium : Regierung Merkel spricht von einem „sehr ernsten Vorgang“
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Bendlerblock beobachtet: Die Spionagefälle belasten das deutsch-amerikanische Verhältnis Bild: picture alliance / ZB/euroluftbi
Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen einen weiteren Verdächtigen, der für einen amerikanischen Geheimdienst spioniert haben soll - offenbar im Verteidigungsministerium. Die Bundesregierung reagiert empört.
Mit Empörung hat die Bundesregierung auf das Bekanntwerden eines neuerlichen Falls möglicher amerikanischer Agententätigkeit in Bundesbehörden reagiert. Die Bundesanwaltschaft teilte am Mittwoch mit, im Raum Berlin seien die Wohnung und das Büro eines Verdächtigen durchsucht worden. „Dabei wurden Beweismittel – darunter Computer und zahlreiche Datenträger – sichergestellt, die nun ausgewertet werden“, hieß es.
In Berlin wurde bestätigt, der Verdächtige sei im Bundesverteidigungsministerium tätig. Am Nachmittag hieß es bei der Bundesanwaltschaft, ein „dringender Tatverdacht“ bestehe nicht; offenbar liegen keine Hinweise für die Weitergabe von Staatsgeheimnissen vor. Der Verdächtige sei nicht festgenommen worden, hieß es. Das unterscheide den neuen Fall von dem der vergangenen Woche; da war ein Mitarbeiter der Bundesnachrichtendienstes unter dem Verdacht der Agententätigkeit für einen amerikanischen Geheimdienst festgenommen worden. Weder die Bundesanwaltschaft noch das Verteidigungsministerium gaben weitere Details – etwa über den Aufgabenbereich des neuen Verdächtigen – bekannt. Das Verteidigungsministerium stufte den Fall aber als „sehr ernst“ ein.
Von der Leyen: „Was dahintersteckt, ist noch nicht klar“
Nach mehreren Medienberichten ist der MAD dem mutmaßlichen Spion auf die Spur gekommen. Der MAD mit seinen etwa 1200 Mitarbeitern ist der kleinste deutsche Geheimdienst neben dem Verfassungsschutz und dem Bundesnachrichtendienst. Er ist unter anderem für die Spionageabwehr im militärischen Bereich zuständig.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) fordert die Vereinigten Staaten zu Konsequenzen aus der Spionageaffäre auf. „Die USA müssen wieder mit uns eine gemeinsame Sicht darauf entwickeln, wie wir in Zukunft unsere Zusammenarbeit gestalten wollen“, sagte sie der „Berliner Zeitung“. Zu dem möglichen Spionagefall in ihrem Ministerium sagte sie: „Was dahintersteckt, ist noch nicht klar.“ Konkrete Maßnahmen gegen Washington wie einen Abbruch der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen lehnte sie ab. „Davon halte ich nichts.“
„Tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten“
Regierungssprecher Steffen Seibert kündigte gegenüber der F.A.Z. an, das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) werde von der Bundesregierung über den neuen Fall informiert. Das PKG wird sich an diesem Donnerstag mit der Sache befassen. Mit Blick auf Forderungen, die Bundesregierung müsse Gegenmaßnahmen treffen, sagte Seibert, der neuerliche Sachverhalt müsse aufgeklärt sein, „ehe Konsequenzen gezogen werden“.
Es gebe zwischen der Bundesregierung und der amerikanischen Administration Kontakte „auf verschiedenen Ebenen“, woraus zu schließen war, dass nicht nur CIA-Chef Brennan und Staatssekretär Fritsche miteinander sprachen, sondern auch der außenpolitische Berater der Bundeskanzlerin, Christoph Heusgen, Gespräche führte.
Seibert sprach abermals von einem „sehr ernsten Vorgang“. Die gewachsene Partnerschaft zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten sei weiterhin von großer Bedeutung. Doch gebe es in der Frage, wie Freiheit und Sicherheit in Einklang zu bringen seien, „tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten“. Diesen gingen „an das Vertrauen.“ Auch ein Sprecher des Verteidigungsministerium sagte: „Wir nehmen den Fall sehr ernst.“
Amerikanischer Botschafter sucht das Gespräch
Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Stephan Steinlein machte dem amerikanischen Botschafter in Berlin, John B. Emerson, am Mittwoch „eindringlich“ deutlich, wie wichtig eine „aktive und konstruktive Beteiligung“ der amerikanischen Regierung an der Aufklärung des neuen Falles sei. Emerson hatte – offiziellen Darstellungen zufolge – mit seinem Gesprächswunsch dem „Wunsch“ des Auswärtigen Amtes nach einem Gespräch entsprochen.