Spekulation um 2. Amtszeit : Lob für den Präsidenten
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Präsidiale Haltung: Bundespräsident Gauck bei einem Besuch der Mainzer St. Stephan Kirche Bild: dpa
Im März 2017 steht die nächste Wahl des Bundespräsidenten an. Geht es nach Sigmar Gabriel, bleibt Joachim Gauck Staatsoberhaupt. Tritt der nicht an, wird es aus einem anderen Grund spannend.
„Wenn er sich erneut zur Kandidatur entscheidet, hat er die Unterstützung der SPD. Denn er ist ein hervorragender Bundespräsident“, hat Sigmar Gabriel, der SPD-Vorsitzende, über Joachim Gauck und dessen mögliche zweite Amtszeit angekündigt. Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ließ er jetzt allerdings die Frage unbeantwortet, ob seine Partei einen eigenen Kandidaten aufstellen würde, wenn Gauck sich entscheiden würde, es bei einer Amtszeit zu belassen. „Bei dieser Frage wartet man in großen Respekt vor Amt und Person auf die Entscheidung des Bundespräsidenten“, sagte er. So halten es auch die Spitzen der anderen Parteien – erstens aus „Respekt“, zweitens wegen komplizierter personalpolitischer Folgen und drittens, weil es eh zu früh ist.
Gauck war am 18. März 2012 gewählt worden. Weil sein Vorgänger Christian Wulff zurückgetreten war, trat Gauck sein Amt unmittelbar nach der Wahl an. Seine fünf Jahre lange Amtszeit endet am 17. März 2017. Wenige Tage vor Weihnachten hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), wie es das Grundgesetz vorsieht, den Termin der Wahl des nächsten Bundespräsidenten festgelegt. Spätestens 30 Tage vor Ablauf der Amtsperiode muss das geschehen. Lammert setzte die Sitzung der Bundesversammlung, die das Staatsoberhaupt wählt, in einer „Amtlichen Mitteilung“ für den 12. Februar 2017 an. Eine verbindliche Stellungnahme des Bundespräsidialamtes, ob Gauck sich schon festgelegt habe, wann er seine Entscheidung treffen und veröffentlichen werde, gibt es nicht.
Fingerzeig für Koalitionen nach der Bundestagswahl
Für den Fall, dass Gauck für eine zweite Wahlperiode kandidieren möchte, kann er mit einer Wiederwahl rechnen. Schon vor nun bald vier Jahren war er mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP gewählt worden. Gabriel hat sich für die SPD nun festgelegt. Auch die Grünen, die 2012 gemeinsam mit der SPD Gauck von Anfang an unterstützt hatten, werden das tun. Unterstützungsankündigungen gab es auch aus den Unionsparteien, die 2012 zunächst einen anderen Kandidaten gesucht hatten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte im vergangenen August über Gauck: „Ich werde ihn auf jeden Fall unterstützen, in jeder Richtung.“
Eine informelle Regel (geschweige denn eine gesetzliche Vorschrift), wann der Amtsinhaber seine Mitteilung über eine weitere Wahlperiode zu machen hat, gibt es nicht. Horst Köhler, der bislang letzte Bundespräsident, der ein zweites Mal kandidierte, hatte es im Mai 2008 getan – genau ein Jahr vor der nächsten Sitzung der Bundesversammlung. Alle anderen vergleichbaren Fälle (Richard von Weizsäcker, Heinrich Lübke und Theodor Heuss) liegen mehr als 25 Jahre zurück. Sie taugen nicht mehr als Maßstab. Zu vermuten ist aber, dass Gauck den Parteispitzen – für den Fall des Falles – ausreichend Zeit geben wird, einen eigenen Kandidaten zu suchen oder sich vorab auf einen zu verständigen.
Die Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung – eines Wahlorgans, das je zur Hälfte aus den Abgeordneten des Bundestages und aus proportional zu bestimmenden Delegierten der Landtage besteht – sind nicht eindeutig. Sie werden sich durch die Landtagswahlen in diesem Jahr kaum verändern. Nach derzeitigem Stand werden die Unionsparteien über etwa 560 der 1262 Wahlleute verfügen. Die SPD folgt mit etwas weniger als 400, die Grünen mit etwa 140, die Linkspartei mit knapp 100 und die FDP mit weniger als 30. In einer ähnlichen Größenordnung könnte dann die AfD liegen. Die Union dürfte – im Falle eines Verzichts von Gauck – angesichts ihrer Stärke nicht auf einen eigenen Anspruch verzichten. Doch ist sie auf Hilfe anderer Parteien angewiesen. Sie alle schauen dann aber schon auf die Bundestagswahl im September 2017. Die Konstellation bei der Bundesversammlung würde als Signal für eine Koalition nach der Bundestagswahl bewertet – aber nur, falls Gauck verzichten würde.