Ausgang der Landtagswahlen : Die SPD tröstet sich mit Dreyers Erfolg
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SPD-Anhänger in Mainz zeigen sich am Sonntag erfreut über die ersten Prognosen zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz. Bild: Reuters
Die SPD sieht nach dem Erfolg in Rheinland-Pfalz die Chance für Mehrheiten „jenseits der Union“. Doch die Voraussetzungen für die Bundestagswahl sind weiterhin alles andere als ideal.
Siegreiche Landtagswahlen ebnen den Weg zum Erfolg im Kampf ums Kanzleramt. Oder sie pflastern den Weg in die Niederlage. Für die Sozialdemokraten liegt am ersten Wahlsonntag des Jahres eine vorsichtig optimistische Deutung nahe. Malu Dreyers Erfolg „freut mich wahnsinnig“, sagt Generalsekretär Lars Klingbeil am Sonntagabend und formuliert damit das, was andere Sozialdemokraten später in Varianten wiederholten: „Es gibt Mehrheiten jenseits der Union, es braucht keine Konservativen, um in Deutschland regieren zu können.“
Kanzlerkandidat Olaf Scholz münzt das auf sich und sagt: „Ich will Kanzler der Bundesrepublik Deutschland werden, und heute ist sichtbar geworden, dass das geht.“ Es gebe nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern auch in Baden-Württemberg die „Möglichkeit progressiver Regierungsbildung“.
Dank Dreyer raus aus dem Stimmungstief
Schon einmal hat Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz schlechten Aussichten und Umfragen getrotzt und gewonnen. Auch diesmal war sie mit Rückstand gegenüber dem CDU-Bewerber Christian Baldauf gestartet, hat ihn dann aber deutlich hinter sich gelassen. Der SPD half der Erfolg damals aus einem ihrer Stimmungstiefs.
Bald danach wurde Martin Schulz ihr Spitzenkandidat. Mitte März 2017 stand der Schulz-Zug unter vollem Dampf. Die SPD lag in Umfragen bei 32 Prozent. Dann kam der Schock von Saarbrücken: Am 26. März 2017 erlitt die SPD im Saarland eine herbe Niederlage.
Einige Wochen später, bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, entgleiste der Schulz-Zug. Die Bundestagswahl im September brachte das bis dahin schlechteste Wahlergebnis, 20,5 Prozent. In Rheinland-Pfalz, wo Malu Dreyer zuvor so glänzend erfolgreich gewesen war, lag die CDU gut zehn Prozentpunkte vor der SPD. Auch diesmal hat das sehr gute Wahlergebnis auch Schattenseiten. So verlor die SPD in Rheinland-Pfalz unter jüngeren Wählern etwa 10 Prozentpunkte.
Die Berliner Parteiführung und Kanzlerkandidat Olaf Scholz wären wohl froh, wenn sie in Umfragen beim Resultat der zurückliegenden Bundestagswahl lägen. Stattdessen drohen weitere Verluste – wenn nicht etwas Grundstürzendes geschieht. Die Affäre um Maskengeschäfte, welche in der Woche vor den Landtagswahlen die Unionsparteien erschütterte, mochte bei der SPD gewisse Hoffnungen wecken.
Allemal hatte das Fehlverhalten einiger Unionsabgeordneter den Vorteil, dass die SPD sich etwas von den Negativ-Schlagzeilen erholen konnte, die sie zuletzt selbst produziert hatte. Die Parteivorsitzende Saskia Esken und ihr Stellvertreter Kevin Kühnert hatten vorgegeben, sich für die Sozialdemokraten Wolfgang Thierse oder Gesine Schwan schämen zu müssen, weil sich die beiden Sozialdemokraten kritisch zur Identitätspolitik geäußert hatten und dafür von der Queer-Bewegung kritisiert wurden. Scholz hatte dazu geschwiegen.
Walter-Borjans attackierte die CDU
Der Ko-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans nutzte zum Wochenende die Gelegenheit, die Union insgesamt als Klüngel-Club zu attackieren, wo eine Hand die andere wasche. „Das Waschmittel dabei ist Geld – und dem stehen in diesen Parteien einige besonders nah“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Was Baden-Württemberg betrifft, so zählt die Heimat von Esken für die SPD schon länger zu den Problemzonen. Am Wahlabend war zunächst nicht klar, ob die SPD dort vor AfD und FDP auf Rang drei landen oder gar auf den fünften Platz abrutschen würde. Dort und auch in Bayern pendelt die Partei nur noch um die zehn Prozent. In Nordrhein-Westfalen liegt die SPD nach einem zermürbenden, vier Jahre andauernden innerparteilichen Machtkampf derzeit noch bei 17 Prozent.
Neben diesen bevölkerungsreichen Bundesländern gibt es noch weitere drei Länder, in denen die SPD nur noch von jedem Zehnten gewählt wurde oder würde: Sachsen-Anhalt, Thüringen und, mit sieben Prozent am schlimmsten, Sachsen. Für Scholz sind das schlechte Voraussetzungen.
Vieles davon ist hausgemacht. Nicht nur im Bund, auch in Baden-Württemberg fiel die SPD in den vergangenen Jahren oft mit Personalstreit auf. Das Ergebnis vom Sonntag spiegelt diesen Zustand. Aus dieser Lage in den Ländern einen Sieg in der Bundestagswahl zu zaubern wäre ein großes Kunststück. Doch am Sonntagabend ließen sich solche Gedanken wegdrücken – Malu Dreyer sei Dank.