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SPD : Steinbrück entlässt Sprecher

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Zu wenig Schwung, zu viele Kommunikationspannen: Peer Steinbrück trennt sich von seinem Sprecher Michael Donnermeyer. Bild: dpa

SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück entlässt seinen Sprecher Michael Donnermeyer. An seiner Stelle soll der frühere „Bild“-Journalist Rolf Kleine den matten Wahlkampf in Schwung bringen.

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          Gut drei Monate vor der Bundestagswahl zieht SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück personelle Konsequenzen aus seinem schleppend verlaufenden Wahlkampf. Steinbrück trennte sich am Montag von seinem Pressesprecher Michael Donnermeyer. Diese Schlüsselposition wird der langjährige „Bild“-Zeitungs-Journalist Rolf Kleine übernehmen, wie der Nachrichtenagentur Reuters aus der SPD-Führung bestätigt wurde. Steinbrück will Donnermeyers Nachfolger am Mittag gemeinsam mit den letzten drei Mitgliedern seiner Wahlkampfmannschaft vorstellen.

          Donnermeyer war für einige Kommunikationspannen verantwortlich gemacht worden. Er selbst hatte es als Fehler bezeichnet, dass er aus einem Interview Steinbrücks zu Jahresbeginn dessen Kritik an der Höhe des Kanzlergehalts nicht gestrichen hatte. In einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hatte Peer Steinbrück gesagt, ein Bundeskanzler verdiene gemessen an der zu erbringenden Leistung zu wenig.

          Der Sprecher des SPD-Kanzlerkandidaten geriet im Willy-Brandt-Haus in die Kritik, weil er die fehlinterpretierbaren Passagen in dem Interview autorisiert hatte. Nachdem Steinbrück als Abgeordneter mit Vorträgen weit über eine Million Euro nebenher verdient hatte, galt es als ungeschriebene Regel, dass er als Sozialdemokrat öffentlich besser nicht mehr über Geld reden sollte. Donnermeyer hatte sich zuletzt optimistisch gezeigt, dass die Talsohle für Steinbrück durchschritten sei - aber parteiintern wurde ihm vorgehalten, der Kampagne zu wenig Schwung zu verleihen und mögliche Stolperfallen oft nicht rechtzeitig zu erkennen.

          Erfahren im Politikbetrieb

          Mit Kleine holt sich Steinbrück einen Medienprofi an Bord, der früher Leiter des „Bild“-Hauptstadtbüros in Berlin war. In der SPD hieß es, die Neubesetzung des Sprecher-Postens sei ein Signal, dass Steinbrück nach der Komplettierung seines Schattenkabinetts auf Angriff schalten wolle. „Mit Donnermeyer hat es nicht funktioniert“, hieß es aus Parteikreisen. Nach mehreren Pannen in der Wahlkampagne hatte die SPD-Schaltzentrale für den Wahlkampf bereits im März eine neue Struktur bekommen, mit der der Einfluss von Steinbrücks Berater Heiko Geue auf die Wahlkampagne der Partei beschnitten wurde. Generalsekretärin Andrea Nahles festigte damals ihren Einfluss.

          Rolf Kleine ist Redakteur und arbeitete lange in verschiedenen Positionen für die „Bild“-Zeitung. Ende 2011 verließ er den Springer-Konzern, um als Head of Public Affairs die politische Kommunikation des Immobilienkonzerns Deutsche Annington zu verantworten. Rolf Kleine ist 52Jahre alt und gilt als meinungsstark, erfahren und gut vernetzt. Kleine arbeitete unter anderem bei den „Westfälischen Nachrichten“, der Nachrichtenagentur ddp und der „Berliner Zeitung“. Insgesamt 17 Jahre lang schrieb er für Springer, zuletzt mehrere Jahre vor seinem Ausscheiden als Co-Leiter des Hauptstadtbüros. „Bild“ hatte damals mitgeteilt, Kleine gehe auf eigenen Wunsch. Kleine war regelmäßig Gast in Talkshows und Fernsehmagazinen, so auch bei N24 im „Politischen Quartett“. Titel einer Jubiläumssendung vor fast genau zehn Jahren, im April 2003: „Lust am Untergang - Stürzt die SPD ihren Kanzler?“ Die Deutsche Annington, die Kleine nun wieder verlässt, gehört nach eigenen Angaben mit rund 180.000 eigenen Wohnungen und etwa 2400 Mitarbeitern zu den führenden deutschen Wohnungsunternehmen. Das Thema Wohnungen und Mietpreise spielt im SPD-Wahlkampf eine wichtige Rolle.

          Investmentbankerin für Wirtschaft zuständig

          Die Zusammenstellung seines Schattenkabinetts hat Steinbrück nunmehr abgeschlossen. Steinbrück gab am Montag die letzten drei Mitglieder seiner aus sechs Frauen und sechs Männern bestehenden Wahlkampfmannschaft bekannt. Die Investmentbankerin und frühere saarländische Finanzministerin Christiane Krajewski übernimmt in seinem Kompetenzteam das Thema Wirtschaft. Für die Entwicklungspolitik soll Cornelia Füllkrug-Weitzel zuständig sein, die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks Brot für die Welt. Für die Kulturpolitik holte Steinbrück Oliver Scheytt in sein Team. Der 55 Jahre alte Scheyt ist Geschäftsführer der Ruhr 2010 GmbH, die das Ruhrgebiet 2010 mit Essen als Europäischer Kulturhauptstadt präsentiert hatte.

          Die Felder Außenpolitik und Finanzen ließ Steinbrück unbesetzt. Dieser Themen will er sich als Kanzlerkandidat selbst annehmen. Steinbrück wollte am Mittag in Berlin seine letzten drei Mitglieder der Presse vorstellen. Die 64 Jahre alte Christiane Krajewski war bis 1999 Finanzministerin in Saarbrücken und arbeitet inzwischen für die Investmentbank Leonardo & Co in Frankfurt. Sie war in den achtziger und neunziger Jahren eine politische Weggefährtin des damaligen saarländischen Ministerpräsidenten und früheren SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine.

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