SPD-Parteitag : Das Ende alter Schlachten?
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Einer für alle? Gabriel, Steinbrück und Steinmeier am Dienstag in Berlin Bild: dpa
Ohne Streit und Gegenstimme folgt die SPD dem unter Beratung von Peer Steinbrück entworfenen Steuerkonzept. Steinmeier sieht schon das „Ende alter Schlachten“. Die Troika gibt sich heiter und gelassen.
Es seien die großen Fragen, bei denen die Deutschen und die Europäer wieder angekommen sind, sagt Peer Steinbrück zu Beginn seiner Rede über die großen Fragen, die unsere Welt bewegen.
Die Welt ist manchmal aber auch ganz klein und einfach. Ralf Stegner bleibt sitzen, oben rechts auf dem Podium, als Peer Steinbrück die letzte seiner großen Antworten auf die großen Fragen gegeben hat. Da erreicht die Stimmung im Saal wieder einen dieser Höhepunkte, in denen sich die Welt um die Partei zu drehen scheint. Peer Steinbrück war schon wieder unten in die erste Reihe zurückgetreten.
Die Troika - heiter und gelassen
Da holte ihn Sigmar Gabriel von oben herab mit Frank-Walter Steinmeier auf die Bühne zurück, und dann stand sie da, die Troika, heiter und gelassen, wie es Sigmar Gabriel der Partei in seiner Rede am Tag zuvor empfohlen hatte; eine Rede, die aber klarstellte, dass er Steinbrück heiter und gelassen einen Kopf kürzer machen kann. Jetzt wollte die Geste wohl sagen: Ich mache es wieder gut, war doch alles nicht so gemeint.
Ralf Stegner blieb also sitzen. Nicht so heiter, nicht so gelassen, was auch daran liegen mag, dass sich Steinbrück und Stegner noch aus Kieler Tagen kennen. Da war der eine schon Minister; der andere, Stegner, ähnlich genialisch veranlagt wie sein Parteifreund und heute Landesvorsitzender in Schleswig-Holstein, stieg gerade zu bescheidener Größe auf. Es waren die neunziger Jahre und irgendetwas muss damals passiert sein, dass sich die beiden nicht recht mögen. Nicht nur deshalb, aber vielleicht auch deshalb führte Stegner in den vergangenen Tagen die Parteilinke beim Versuch an, das Steuer- und Finanzkonzept der SPD noch einmal so zu ändern, dass Steinbrück Schwierigkeiten gehabt hätte, für die Partei die großen Antworten auf die großen Fragen zu geben.
Es ist aber ohnehin selten, dass Steinbrück für seine Partei spricht. Meistens spricht er für sich selbst und dann auch für die Partei. Es sei nicht das „Parteiverträgliche“, was zähle, sagte er in seiner Rede, sondern die inhaltliche Öffnung der Partei, das breite Angebot über ihre Grenzen hinaus. Steinbrück stellte sich gerade in diesem Punkt dem Rededuell mit Gabriel, den er dafür kritisierte, am Tag zuvor dem Pragmatismus einen „kalten Hauch“ gegeben zu haben. Es sei aber sittliche Verantwortung, die zum Pragmatismus zwinge. Vor allem in der Finanz- und Wirtschaftspolitik.
„Bündnis der Starken mit den Schwachen“
Unter Beratung Steinbrücks hatte sich eine vom Vorstand eingesetzte Kommission deshalb auf ein Konzept geeinigt, das ein „Bündnis der Starken mit den Schwachen“ begründen soll, wie es Steinbrück sagte, das auf „prohibitive Besteuerung“ verzichte, „weil man die Starken nicht verprellen darf“.
Steinbrück ist es andernorts schon gelungen, und auch Gabriel knüpfte daran in seiner Rede an, daraus ein Steuersenkungskonzept zu machen. Denn die Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 49 Prozent (für Einkommen über hunderttausend Euro), wie es der Leitantrag vorsah, ist immer noch weniger als die mehr als 50 Prozent, die es einst zu bürgerlichen Zeiten noch gab. Und ist eine Abgeltungsteuer von 32 Prozent auf Kapitalerträge nicht besser als eine „synthetische Besteuerung“, also die individuellen Steuersätze auch auf Kapitalerträge, maximal 49 Prozent? Und nimmt die SPD nicht auch Abschied von der Reichensteuer? Will sie nicht auch die Konsolidierung, Schuldenbremse und Einsparungen?