SPD-Kommentar : Schulz übertreibt
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Der SPD-Chef will die Vereinigten Staaten von Europa schaffen – das ist ein nobles und legitimes Ziel. Doch sein Kampf könnte dem Rechtspopulismus in die Karten spielen.
Wenn Martin Schulz in Fahrt kommt, dann ist er kaum zu bremsen. Beim Thema Europa entwickelt er eine Leidenschaft, die beeindruckend ist, allerdings auch etwas Furienhaftes hat. Auf dem SPD-Parteitag hat der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments das alte Ziel der Föderalisten, die Vereinigten Staaten von Europa, abgestaubt. Die müssten bis 2025 geschaffen werden; Staaten, die einem notwendigen Verfassungsvertrag nicht zustimmten, müssten die EU verlassen.
Zack, zack. Schulz mag es jetzt selbst bedauern, dass er im Wahlkampf mit der Europapolitik, seinem vermeintlich stärksten Pfund, nicht gewuchert hat. Aber muss er das nun überkompensieren? Man hat auch zur Kenntnis genommen, dass allerorten von europäischer Neugründung, von neuen Initiativen und Impulsen für die EU geredet wird. Gut. Übertreiben kann man es aber auch.
Ein nobles, legitimes Ziel
Die Vereinigten Staaten von Europa zu schaffen – das ist ein nobles, legitimes Ziel, so wie legitim ist, andere europäische Ordnungsvorstellungen zu verfolgen. In jedem Fall ist es kühn zu glauben, dass sich dafür große Mehrheiten in Europa finden werden. Überhaupt nicht kühn, sondern demokratiepolitisch bedenklich ist die Absicht, Staaten, die nicht gleich mitziehen, vor die Tür der EU zu setzen.
Am Ende könnte es sehr einsam um Martin Schulz werden; und sein Kampf für Europa und wider den Rechtspopulismus könnte genau diesen Kräften in die Karten spielen: als Beleg für die Behauptung, „Brüssel“ bedeute Zwang. Schulz beklagt sich bitterlich über ein (angebliches) Spardiktat – ruft selbst aber das Integrationsdiktat aus. So wird die EU wirklich nicht funktionieren.