Wie lief der Start der Impfkampagne? Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Dienstag auf dem Weg zur gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Präsidenten des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, und des Präsidenten des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek, in Berlin Bild: Reuters
Seit Beginn der bundesweiten Impfkampagne sind laut dem Robert-Koch-Institut mehr als 78.000 Menschen gegen das Coronavirus geimpft worden. Die Kampagne sei Grund zur Hoffnung, sagt Jens Spahn – und ruft zur Kontaktvermeidung an Silvester auf.
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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat die Bedeutung der Corona-Impfung für Deutschlands Weg aus der Corona-Krise hervorgehoben. „Impfen ist der Schlüssel raus aus dieser Pandemie“, sagte er am Mittwoch in Berlin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, und Klaus Cichutek, dem Präsidenten des Paul-Ehrlich-Instituts, das für Arzneimittel-Zulassungen in Deutschland zuständig ist.
Die aktuelle Phase der Krise sei eine der Gegensätze, sagte der Bundesgesundheitsminister. Viele Familien würden den Jahreswechsel in Trauer verbringen. Zuvor hatten die deutschen Gesundheitsämter dem RKI 1129 neue Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 binnen eines Tages gemeldet, so viele wie nie zuvor. RKI-Präsident Wieler sagte, die plausibelste Erklärung für den hohen Wert sei eine verzögerte Meldung.
Der Bundesgesundheitsminister betonte aber auch, dass der Beginn der Impfkampagne in Deutschland und in Europa am vergangenen Wochenende Grund zur Hoffnung sei, auch wenn es an mancher Stelle noch ruckele. In den ersten drei Tagen hätten in Deutschland mehr als 60.000 Menschen die Immunisierung erhalten, sagte Spahn. Laut aktueller RKI-Daten wurden bis Mittwoch, 11 Uhr, 78.109 Menschen geimpft.
„Jahrhundertpandemie besiegen wir nur gemeinsam“
Die Zahlen zum Infektionsgeschehen zeigten, „dass wir von einer Normalität, wie wir sie uns wünschen, noch weit entfernt sind“, so der Minister. Derzeit sehe er keine Möglichkeit, wie man so in den Modus vor dem Lockdown zurückkehren könne. Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI am Mittwoch mehr als 22.400 Corona-Neuinfektionen innerhalb eines Tages.
Spahn appellierte an die Bürgerinnen und Bürger, weiterhin aufeinander zu achten und die geltenden Corona-Regeln zu beachten, auch am morgigen Silvesterfest. Es müsse „das vielleicht ruhigste Silvester werden, an das sich Deutschland erinnern kann“.
Der gelungene Impfstart könne stolz und dankbar machen, sagte Spahn, und verwies auf die Bemühungen von Politik, Forschung oder auch von Logistikunternehmen, die den Start der größten bundesweiten Impfkampagne möglich gemacht hätten. „Das ist das Ergebnis eines erfolgreichen Team-Zusammenarbeitens.“ Alle, die zunächst noch keinen Zugang zum Impfstoff haben, bat der Minister um Geduld und solidarisches Handeln. „Diese weltweite Jahrhundertpandemie besiegen wir nur gemeinsam“, sagte er, auch mit Blick auf einen fairen Zugang zum Impfstoff für ärmere Länder.
Auch RKI-Präsident Lothar Wieler schwor die Bevölkerung darauf ein, in den kommenden Monaten weiterhin Kontakte zu reduzieren und sich an die sogenannten AHA-Regeln zu halten. „Auch bei Ihren Freunden und Verwandten können Sie sich anstecken“, sagte er. Das Virus sei derzeit weiter in allen Bevölkerungs- und Altersgruppen verbreitet, auch junge und gesunde Menschen hätten mit schweren Verläufen und langwierigen Folgen zu kämpfen.
Die Zahl der intensivmedizinisch behandelten Erkrankten habe einen traurigen Höhepunkt erreicht, äußerte der RKI-Präsident. Am Dienstag waren es nach RKI-Angaben bundesweit 5649 Personen, 52 mehr als am Vortag. Der Druck auf die Krankenhäuser ist Wieler zufolge weiterhin hoch. „Es erkranken auch immer mehr Ärzte an Covid. Da helfen auch freie Betten nichts“, sagte er am Mittwoch bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Spahn und Cichutek in Berlin.
Die bisher entwickelten Corona-Impfstoffe seien zwar „ein großartiger Erfolg der Wissenschaft“ und ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Pandemie, so der RKI-Präsident. Bis die Impfungen flächendeckend wirkten, werde aber noch viel Zeit vergehen. Außerdem sei kein Impfstoff perfekt; vieles müsse noch beobachtet und weiter erforscht werden.
Spahn: Kontakte weiter reduzieren
Wieler kündigte an, dass das RKI in einem Impf-Monitoring die bundesweite Impfkampagne begleiten und auswerten werde. Gleichzeitig betonte er, dass der derzeit verfügbare Impfstoff „sicher und wirksam“ sei. Bei seiner Entwicklung seien keine Abstriche gemacht worden. Es stehe ein hervorragender Impfstoff zur Verfügung, sagte auch der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek. Sein Nutzen überwiege bei weitem mögliche Nachteile.
Zur Debatte über eine Verlängerung des Lockdowns sagte Spahn, er wolle den Gesprächen zwischen den Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin nicht vorgreifen. Eine starke Kontaktreduzierung sei aber sicher weiterhin erforderlich. Das Herunterfahren des öffentlichen Lebens sei nur sinnvoll, wenn es durch verantwortungsvolles Verhalten im Privaten unterstützt werde. „Was morgen passiert oder besser nicht passiert“, sei ein ganz wichtiger Faktor, äußerte der Minister mit Blick auf die Silvesternacht. Zur Diskussion über das weitere Vorgehen beim Schulunterricht sagte Spahn, die Schulen eine Woche länger zu schließen, sei im Zweifelsfall nachhaltiger als eine zu schnelle Öffnung. Entscheiden müssten das aber Bund und Länder in der kommenden Woche.
Die derzeitigen zum 16. Dezember in Kraft getretenen Kontaktbeschränkungen gelten vorerst bis zum 10. Januar. Ziel der bundesweiten Einschränkungen ist es, die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner auf maximal 50 innerhalb einer Woche zu senken. Am 5. Januar werden sich die Regierungschefs der Bundesländer wieder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel beraten.
Spahn stellte am Mittwoch den Einsatz weiterer Impfstoffe gegen das Coronavirus in der EU in Aussicht. Mit Blick auf die Zulassung des Impfstoffes des Pharmaunternehmens Astrazeneca und der britischen Universität Oxford sagte der CDU-Politiker, er gehe von einer gründlichen und zeitnahen Bearbeitung eines entsprechenden Antrags in der Europäischen Union aus. Der Gesundheitsminister verwies zudem auf die erwartete Zulassung eines weiteren Impfstoffes: dem des amerikanischen Unternehmens Moderna.