Nach SPD-Vorschlägen : Sollen amerikanische Atomwaffen künftig statt in Deutschland in Polen lagern?
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Botschafter Amerikas in Deutschland: Richard Grenell Bild: dpa
Der amerikanische Botschafter in Berlin, Richard Grenell, appelliert an die Nato-Bündnistreue der SPD. Die verteidigt sich – Trump sei der „Spaltpilz“.
Amerikanische Diplomaten nutzen den deutschen Koalitionsstreit um die Zukunft der nukleare Teilhabe und die Lagerung amerikanischer Atomwaffen für Vorwürfe und außenpolitische Vorstöße. Nachdem der nur noch zeitweise anwesende amerikanische Botschafter in Berlin, Richard Grenell, Ende vergangener Woche in einem Zeitungsbeitrag die Bundesregierung aufgefordert hatte, ihre Beteiligung an der atomaren Abschreckung nicht in Frage zu stellen, brachte seine Kollegin in Warschau nun Polen als künftigen Stationierungsort für amerikanische Atombomben ins Gespräch.
Grenell hatte geschrieben: „Statt die Solidarität zu untergraben, die das Fundament der atomaren Abschreckung der Nato bildet, ist es jetzt an der Zeit, dass Deutschland seinen Verpflichtungen gegenüber seinen Bündnispartnern nachkommt und kontinuierlich in die nukleare Teilhabe der Nato investiert.“ Die politische Führung Deutschlands, besonders die der SPD, müsse jetzt deutlich machen, dass die Bundesrepublik diese Zusagen einhalte und an der Seite ihrer Bündnispartner stehe, so Grenell in einem Beitrag für die Zeitung „Welt“.
Mützenich: Trump sei „Spaltpilz“ der Nato
Hintergrund der Ermahnung waren Äußerungen der SPD-Politiker Rolf Mützenich und Norbert Walter-Borjans. Der SPD-Fraktionschef und der Ko-Vorsitzende der Partei hatten die nukleare Teilhabe Deutschlands in Frage gestellt, ebenso die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge mit der Lizenz zum Tragen von Atombomben. Möglicherweise war Grenell entgangen, dass die Bundesregierung sich bereits vor seiner Intervention zur atomaren Abschreckung und zu ihrer Rolle in der Nato bekannt hatte. Denn Grenell übt seine Tätigkeit als Botschafter seines Landes derzeit neben einer Arbeit in Washington aus, wo er kommissarischer Nachfolger des Direktors der amerikanischen Nachrichtendienste ist, der zuvor ebenfalls kommissarisch das Amt geführt hatte.
Mützenich bezeichnete unterdessen den amerikanischen Präsidenten Trump als „Spaltpilz“ des Bündnisses. Der Funke-Mediengruppe sagte er, er unterstütze alle Anstrengungen, die gerade auch Außenminister Heiko Maas in puncto Abrüstung, Rüstungskontrolle und Vertrauensbildung unternehme. „Damit stelle ich keineswegs die Nato oder die deutsche Mitgliedschaft in der Nato in Frage. Das wäre ein unlauterer Vorwurf“, so Mützenich. Wenn der Kitt des Nato-Bündnisses nur noch die in Deutschland und anderswo lagernden amerikanischen Atomwaffen sein sollten, sei es „um die atlantische Allianz schlecht bestellt“, sagte er. Allerdings hatte Maas seinerseits zu der Initiative von Mützenich und Walter-Borjans gesagt: „Einseitige Schritte, die das Vertrauen unserer engsten Partner und europäischen Nachbarn untergraben, bringen uns dem Ziel einer atomwaffenfreien Welt nicht näher. Im Gegenteil: Sie schwächen unsere Bündnisse.“
Neuen Zündstoff lieferte am Wochenende die amerikanische Botschafterin in Polen, Georgette Mosbacher. Sie schrieb auf Twitter: „Wenn Deutschland sein nukleares Potential reduzieren und die Nato schwächen will, könnte Polen – das seinen Verpflichtungen ehrlich nachkommt, die Risiken versteht und an der Ostflanke der Nato liegt – dieses Potential bei sich aufnehmen.“
Davor stünden neben völkerrechtlichen auch praktische Probleme. Denn die veraltete polnische Luftwaffe fliegt derzeit mit Flugzeugen älterer amerikanischer und sowjetischer Bauart, wobei nach Meldungen lediglich ein Drittel der MiG-29-Flotte überhaupt einsatzbereit ist. Anfang des Jahres hatte die polnische Regierung angekündigt, für die Zukunft 32 Jets des amerikanischen F-35-Bombers der neuesten Generation für etwa 4,2 Milliarden Euro zu beschaffen. Deutschlands Botschafter in Warschau, Rolf Nikel, entgegnete seiner Kollegin auf Twitter: „Deutschland hält seine Verpflichtungen gegenüber der Nato und ihren Partnern gemäß dem Koalitionsabkommen von 2018 ein. Weitere Spekulationen sind daher sinnlos.“