
Deutsche Bischöfe in Rom : Vom Papst düpiert
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Hat gut lachen: Der Papst während der Generalaudienz auf dem Petersplatz, 16. November 2022 Bild: Reuters
Der Papst hat die aus Deutschland angereisten Bischöfe kurzerhand versetzt. Mit seiner Verachtung steht er in bester römischer Tradition.
Zu den Schlüsselwörtern von Papst Franziskus gehört(e) das griechische Wort parrhesia, auf Deutsch Freimut. Entlehnt hat er diesen antiken Begriff nicht dem Philosophen Michel Foucault, der in ihm die Tugend der diskursiven Wahrhaftigkeit erkennen wollte. Wie der französische Agnostiker dachte Franziskus an den Apostel Paulus und dessen Bereitschaft, vom Heilswirken Gottes Zeugnis abzulegen, ob gelegen oder ungelegen.
So solle es auch in der Kirche sein, sagte Kardinal Bergoglio, ehe er zum Papst gewählt wurde. Freimut heiße, als Kirche aus sich selbst herauszugehen, an die geographischen Ränder wie an die Ränder der menschlichen Existenz.
Man kann, ja muss darüber streiten, ob das, was die Katholiken hierzulande mit ihrem Reformprojekt „Synodaler Weg“ unternehmen, diesem Ziel dient oder nicht.
Die Gelegenheit, das zu tun, hat der Papst am Freitag verstreichen lassen. Indem er die Bischöfe wie eine Schulklasse sitzen ließ, hat er sie spüren lassen, was er ihnen immer wieder in seinem ihm ganz eigenen, nämlich weitgehend faktenfreien Freimut bedeutet hatte: Dass er von dem Projekt nichts hält. Eine protestantische Kirche in Deutschland sei genug.
Sollten die Bischöfe ernstlich gehofft haben, Franziskus ihre Beweggründe offenzulegen und auch nur die stärksten Zweifel zerstreuen zu können, so müssten sie sich fragen (lassen), warum sie noch immer naiver sind, als sie es sein dürften.
Nur der Tod kam dem Papst zuvor
Bischöfe in Deutschland zu düpieren hat im Vatikan Tradition. In den 1990er-Jahren wussten Johannes Paul II. und Joseph Kardinal Ratzinger genau, dass die Katholiken hierzulande mit ihrem Verbleib in der gesetzlichen Schwangerenkonfliktberatung auf einem Irrweg waren.
In den 1970er-Jahren verhandelten Paul VI. und sein Chefdiplomat Casaroli hinter dem Rücken der Bischöfe über die Trennung der Kirche in der DDR von der in der Bundesrepublik. Nur der Tod kam dem Papst zuvor.
Geschichte wiederholt sich nicht. Aber die Wiederholungsstrukturen sind lebendig wie eh und je.