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Jasper von Altenbockum (kum.)

Ex-Kanzler zum Krieg : Schröders Tragik sind die Russland-Illusionen der SPD

Gerhard Schröder (SPD), ehemaliger Bundeskanzler, am 1. Juli 2020 zu Beginn einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestags zum Pipeline-Projekt Nord Stream 2. Bild: dpa

Schröder ist geächtet, nicht etwa, weil er sträflich gegen die Grundsätze sozialdemokratischer Russlandpolitik verstoßen hätte. Im Gegenteil, er hat sie nur besonders ernst genommen.

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          Für die SPD ist Gerhard Schröder ein ständiger Stachel im Fleisch. Selbst wenn er sich von der SPD trennen würde, bliebe sein Bekenntnis zu einer jahrzehntelang gepflegten Russlandpolitik der SPD, die nach allgemeiner sozialdemokratischer Lesart zum Fall der Mauer führte und danach den Traum einer Harmonie von Lissabon bis Wladiwostok träumte.

          Dass diese Harmonie für Wladimir Putin und schon dessen Vorgänger Jelzin einer gegen Amerika gerichteten Vormachtstellung Russlands diente, die nicht erst seit heute kriegerisch durchgesetzt wird, wollen manche SPD-Politiker noch immer nicht begreifen. Schröder verkörpert die Illusionen, die auch jetzt aufleben, wenn sie in die Tradition vom „Wandel durch Handel“ gestellt werden.

          Schröder nahm dieses Gedankengebäude, man kann es auch Kartenhaus nennen, nur besonders ernst. Er kann sich zudem darauf berufen, dass nach ihm kein maßgeblicher Regierungspolitiker kam, der gesagt hätte, dass Deutschland auf einem Irrweg sei. Schröder rechtfertigt sich mit seinem Naturell, es sei nicht sein Stil, jetzt „mea culpa“ zu rufen. Das ist eine versteckte Spitze gegen Frank-Walter Steinmeier, der bis vor Kurzem Schröders Linie gefolgt war.

          Andere SPD-Größen wie Sigmar Gabriel drohen mit dem Anwalt, sollte veröffentlicht werden, was ihnen nicht passt. So sieht die „richtige Seite der Geschichte“ jenseits von Schröder aus, auf der Lars Klingbeil seine SPD wähnt.

          Jasper von Altenbockum
          Verantwortlicher Redakteur für Innenpolitik.

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