Schärfere Gesetze gegen Dschihadisten : Die ganze Härte des Strafrechts
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Ein Dschihadist der Terrormiliz „Islamischer Staat“ vor den Trümmern eines Hauses nach den Luftangriffen auf die syrische Stadt Raqqa Bild: AFP
Die Koalitionspartner planen schärfe Gesetze gegen Syrien-Rückkehrer. Sogar über die Möglichkeit, Dschihadisten mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche zu entziehen, denken SPD und Union nach.
Hans-Georg Maaßen bittet eine Mitarbeiterin, ein Video vorzuführen. Es zeigt niedliche Hundewelpen, die aus einer Art Höhle klettern. Sie schnuppern an einem Bein, dem Bein eines Toten. „Dreckige Leichen“, sagt eine deutsche Stimme mit leichtem Akzent. Immer wieder fallen die Worte, während der Mann an anderen Toten entlanggeht. Ein Dschihadist, der erkennbar zufrieden an den toten Menschen vorbeischlendert und sie beschimpft, irgendwo in Syrien oder im Irak. Maaßen, der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, sitzt im nordwestlichen Turm des Reichstages vor Abgeordneten der Unionsfraktion und deren Mitarbeitern.
Es ist Mittwochnachmittag, die CDU/CSU-Fraktion hat zu einem Fachgespräch über die Gefahren der aus Deutschland ausreisenden und wieder zurückkehrenden Islamisten eingeladen. Es ist schon das zweite Video, das Maaßen vorführen lässt. Das erste hatte zwei Männer gezeigt, die auf holperiger Strecke mit einem Auto fahren. Der Fahrer sagt in gebrochenem Deutsch, man sei unterwegs in der Hoffnung „einen zu erwischen“ von den „Feinden Allahs“ und ihn zu enthaupten. Der Mann strahlt vor Glück, während er das sagt. Deutschlands oberster Verfassungshüter muss seine Zuhörer nicht lange von der drohenden Gefahr überzeugen.
Im Saal sitzen Abgeordnete, die schon nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 den damaligen Innenminister Otto Schily von der SPD zur Härte im Antiterrorkampf angetrieben hatten. Der Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach von der CDU schüttelt noch heute den Kopf, dass Schily seinem grünen Koalitionspartner zuliebe damals das Verbot der sogenannten Sympathiewerbung für ausländische terroristische Vereinigungen aufhob. Er brauchte die Zustimmung für ein Verbot der Mitgliedschaft in solchen Vereinigungen. Die paradoxe Folge ist, dass sich heute noch Anhänger von Al Qaida mit einer Flagge der Terrororganisation vor das Brandenburger Tor stellen dürfen, um ihre Sympathie zu bekunden. Nur im Falle der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) ist das seit jüngster Zeit verboten – und zwar nach deutschem Vereinsrecht, seit Bundesinnenminister Thomas de Maizière den IS vor einigen Wochen verboten hat.
Gesetze verschärfen
Jetzt, wo die Meldungen über die mordenden IS-Banden täglich schlimmer werden und sich die Vereinten Nationen auf eine Resolution zum Kampf gegen den Islamischen Staat und zur Eindämmung der vielen Reisen gewaltbereiter Islamisten Richtung Syrien und Irak geeinigt haben, schicken die Koalitionäre sich an, die Gesetze zu verschärfen. Unionspolitiker hatten ohnehin in den vorigen Tagen immer wieder öffentlich ein härteres Vorgehen gefordert. Am Montag trafen sich SPD und Union mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière von der CDU. Was die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD Eva Högl anschließend berichtet, klingt nach Konsens. Man habe sich in der Koalition „auf eine Reihe von Schritten geeinigt“, um noch besser gegen radikalisierte Islamisten vorgehen zu können.
Unter anderem soll geprüft werden, ob das Verbot der Sympathiewerbung wieder auf alle Terrororganisationen ausgedehnt wird. Auf einen grünen Koalitionspartner muss ja nicht mehr Rücksicht genommen werden. Sogar über die Möglichkeit, Dschihadisten mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche zu entziehen, um ihre Wiedereinreise nach Deutschland erschweren zu können, denken SPD und Union nach, so sagt es Högl. Der sozialdemokratische Bundesjustizminister Heiko Maas sprach am Donnerstag ebenfalls von der „ganzen Härte des Strafrechts“, die zu spüren bekomme, wer „unter dem Deckmantel des Islam“ Verbrechen begehe. Man prüfe, inwiefern die UN-Resolution Änderungen am Strafrecht erforderlich mache. Doch warnte der SPD-Mann, dass es nicht zu einer Einschränkung von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit kommen dürfe, weil die Dschihadisten genau das ja wollten.