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Anschlag auf Asylbewerberheim : Der rechte Brandstifter von der Feuerwehr

Teilnehmer der Demonstration „Gute Nachbarschaft“ in Salzhemmendorf vor der Asylbewerber-Unterkunft, auf die der Brandanschlag verübt wurde. Bild: dpa

Es gebe keine rechtsextreme Szene im Weserbergland, hieß es nach dem Anschlag in Salzhemmendorf. Nun aber zeigt sich: Die Rechtsextremen sind Teil der Gesellschaft und gut vernetzt. Einer der Täter half der Freiwilligen Feuerwehr sogar beim Löschen.

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          Mitten in die Debatte, warum der Osten Deutschlands besonders anfällig für Rechtsextremismus zu sein scheint, platzte am Freitag der Anschlag von Salzhemmendorf. In der Ortschaft im Weserbergland schleuderten drei Täter aus ihrem Auto heraus einen Molotow-Cocktail in ein Asylbewerberheim und brausten eilig davon.

          Reinhard Bingener
          Politischer Korrespondent für Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen mit Sitz in Hannover.

          Sie trafen, anders als bei vielen vorhergehenden Anschlägen, keine unbewohnte Unterkunft: In der einstigen Schule wohnen schon seit einigen Jahren Asylbewerber und es war wohl nur dem Zufall geschuldet, dass niemand zu Schaden kam.

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          Am Tag nach der Tat setzten die Salzhemmendorfer Bürger, die Sicherheitsbehörden und die Landesregierung alles daran, Flagge zu zeigen. Man könnte auch sagen: Niedersachsen trat den Beweis an, dass es nicht Sachsen ist. Schon morgens eilte Niedersachsen Ministerpräsident Stephan Weil herbei und sprach am Tatort von „versuchtem Mord“, der eine „wirklich harten Bestrafung“ verdiene.

          Die Botschaft des SPD-Politikers war eine doppelte: Härte gegen die Täter, aber auch Lob für die Anwohner, deren nächtliche Aufmerksamkeit Schlimmeres verhindert hatte. „Die aufrechten Demokraten“ müssten „schon bei den leisesten Zeichen von Ausländerfeindlichkeit“ aufstehen, forderte Weil. Noch am Freitag versammelten sich in der 9000-Einwohner-Ortschaft Salzhemmendorf die beachtliche Menge von 2000 Menschen zu einer Demonstration gegen Rechtsextremismus.

          „Niemand hätte sich vorstellen können, dass bei uns so etwas passiert“, sagte der Salzhemmendorfer Bürgermeister Clemens Pommerening. Und der Hamelner Polizeisprecher Jens Petersen berichtete, weder in Salzhemmendorf noch in der Region gebe es eine rechtsextreme Szene.

          Hinweise aus der Bevölkerung führten zu Verdächtigen

          Schon kurze Zeit später konnte die Hamelner Polizei, auch weil sie wichtige Hinweise aus der Bevölkerung erhielt, die Täter ausfindig machen. Zwei Männer, der 24 Jahre alte Sascha D. aus Salzhemmendorf und der 30 Jahre alte Dennis L. aus dem benachbarten Lauenstein, sowie dessen 23 Jahre alte Freundin aus dem nahen Springe wurden am Freitagabend festgenommen.

          Ihnen wird nun versuchter Mord in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung vorgeworfen. Laut Auskunft der Staatsanwaltschaft Hannover haben sich die Beschuldigten zu den Tatvorwürfen geäußert, die Landesregierung sowie die Polizei sprachen bereits von Geständnissen der Festgenommenen.

          Je mehr allerdings über die drei Beschuldigten bekannt wird, desto stärker erscheint das nach dem Anschlag von offizieller Seite gezeichnete oder zumindest nahegelegte Bild korrekturbedürftig. Es gibt eine rechtsextreme Szene in Salzhemmendorf und Umgebung – und die beiden männlichen Beschuldigten hatten einschlägige Kontakte.

          Beide sind der Polizei bekannt. Dennis L. wegen Diebstahls und Sachbeschädigung, Sascha D. wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung, aber auch wegen rechtsextremer Parolen und des Zeigens des Hitlergrußes. Die beiden hielten es nicht einmal für nötig, ihre rechtsextreme Gesinnung zu verbergen: Auf Facebook geben sich sowohl Sascha D. wie auch Dennis L. ganz offen als Fans von Hannes Ostendorf aus, einem rechtsradikalen Hooligan-Aktivisten und Frontmann der rechtsgerichteten Szeneband „Kategorie C“.

          Verdächtiger half nach dem Anschlag beim Löschen

          Dennis L. gefällt darüber hinaus der Hamelner Pegida-Ableger „Hamgida“ und die Aktion „Aufwachen Deutschland“. Zu einer Ausgrenzung der beiden führten solche Vorlieben offensichtlich nicht: Beide bringen es jeweils auf mehrere hundert Facebook-Freunde, die meisten davon aus Salzhemmendorf und Umgebung.

          Sascha D. war in Salzhemmendorf auch bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv. Nachdem er vor fünf Jahren Brandstiftung begangen hatte, war er dort vor zwei Jahren wieder aufgenommen worden. In der Nacht auf Freitag wirkte Sascha D. so auch bei den Löscharbeiten des Brandes in der Asylbewerberunterkunft mit, den er kurz zuvor selbst gelegt hatte.

          Die Feuerwehr Salzhemmendorf dürfte sich nach der Tat dazu aufgerufen sehen, etwas genauer auf ihre Mitglieder zu achten: Der Jugendwart der Feuerwehr ist auf Facebook mit dem Salzhemmendorfer Rechtsextremisten Andre K. befreundet. Dieser hatte am Freitag am Rande der Kundgebung gegen Fremdenfeindlichkeit laut seine Parolen gebrüllt und wurde später von der Polizei festgesetzt.

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