Durch die russlanddeutschen Familien geht ein Riss
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Früher als „Klein Moskau“ bekannt: 70 Prozent der Bewohner des Pforzheimer Stadtteils Haidach sind Russlanddeutsche. Bild: Maximilian von Lachner
In Stadtteilen mit vielen Spätaussiedlern gibt es derzeit nur ein Thema. Während viele Ältere Verständnis für Putins Angriffskrieg haben, lehnen die meisten Jungen ihn ab. Ein Besuch in Pforzheim.
Auf dem Spielplatz im Pforzheimer Stadtteil Haidach diktieren der Ukraine-Krieg und die sozialen Medien die Gesprächsthemen. Zwölf ältere Männer in dunklen Anoraks stehen im Kreis zusammen. Auf dem Bolzplatz daneben kicken Kinder. Die älteren Männer kamen Anfang der Neunzigerjahre nach Deutschland – aus Kasachstan, Usbekistan, Georgien oder Russland. An diesem Nachmittag bewegen sie die Nachrichten aus Kiew und – noch stärker – die aus dem badischen Bietigheim. Denn dort weigerte sich ein Gastwirt, russische oder russischstämmige Gäste zu bedienen. Das empört die Männer. „Für Gorbatschow war ich ein Faschist, dann kam ich nach Deutschland, musste hier buckeln, habe bei der Müllabfuhr gearbeitet. Immer war ich der Russe. Jetzt werde ich beschimpft“, sagt der 67 Jahre alte Mann, der vor dreißig Jahren als Spätaussiedler nach Deutschland kam.
„Die Ukrainer haben doch im Donbass mit türkischen Drohnen bombardiert, das will hier niemand hören. Dort gibt es keine russischen Schulen. So was lässt sich Putin nicht gefallen“, sagt ein 63 Jahre alter Mann, der aus Kasachstan stammt und als Schweißer gearbeitet hat. „Wenn Putin jetzt nichts gemacht hätte, wäre das eine Katastrophe gewesen. Die Westukrainer sind schlimmer als die Deutschen. Und die Amerikaner verkaufen das Gas zweimal so teuer wie die Russen“, sagt ein 64 Jahre alter Mann. Er stammt aus Sibirien und arbeitete bis zur Rente als Maschineneinrichter.
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