Konzert in Chemnitz : Tote Hosen, Kraftklub und K.I.Z. rocken gegen Rechts
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Dezidiert links: Jan „Monchi“ Gorkow von Feine Sahne Fischfilet Bild: Imago
In Chemnitz spielen bekannte Bands wie die Toten Hosen, Feine Sahne Fischfilet oder K.I.Z. gegen Rechts. Zehntausende Besucher werden erwartet. Aber wofür treten die Musiker ein?
Politische Popmusik in Deutschland versteht sich seit jeher als links. Schon die ersten Rockbands, die auf Deutsch sangen, verbreiteten politische Botschaften: „Ihre Kinder“ protestierten in einem Song gegen die Apartheid in Südafrika, „Floh de Cologne“ gegen den nationalistischen Putsch in Chile, „Ton Steine Scherben“ gegen Konsum und Kapitalismus. Ihr Lied „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ wurde zu einer Hymne der Studentenbewegung und inspirierte Terroristen der Rote Armee Fraktion. Musikalisch und politisch hat die Band Generationen von Musikern beeinflusst.
Auch der deutsche Folk von Hannes Wader, Reinhard Mey und Franz Josef Degenhardt kam sozialkritisch daher. Der konservative Liedermacher Neil Young, bekennender Reagan-Fan, fand im deutschsprachigen Raum kein Pendant.
Rechtsradikale versuchten allerdings manchmal, linke Liedermacher zu vereinnahmen. So missdeuteten sie Heinz Rudolf Kunzes Lied „Willkommen liebe Mörder“ als Bekenntnis gegen die deutsche Flüchtlingspolitik – der Sänger beschrieb es als ironische Abrechnung mit den NSU-Mördern. Seit den achtziger Jahren haben Rechtsradikale ansonsten ihre eigene Musikszene, die sich vom Punk herleitet und vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Anfänge mit The Clash und Udo Lindenberg
In die dominante linke Tradition reihen sich die Gruppen ein, die an diesem Montag unter dem Motto „Wir sind mehr – Aufstehen gegen rechte Hetze“ in Chemnitz auftreten. Die ausrichtende Indierock-Band „Kraftklub“, die aus der sächsischen Stadt stammt, will Gegnern der rechtsradikalen Ausschreitungen eine Stimme geben. Außer ihr werden die Punkbands „Die Toten Hosen“ und „Feine Sahne Fischfilet“ sowie aus dem Hip-Hop „K.I.Z.“ und das bislang nicht durch politische Botschaften aufgefallene Duo „Marteria & Casper“ spielen.
Das Gratiskonzert versteht sich als Kundgebung „gegen Rechts“, wie es sie seit 1978 gibt. Damals reagierten antifaschistische Organisationen in der britischen Hauptstadt London auf die Wahlerfolge der rechtsextremen Partei National Front, zunehmenden Alltags-Rassismus und Entgleisungen der Rockmusiker David Bowie und Eric Clapton. Zu „Rock against Racism“ kamen rund 100.000 Besucher und hörten Punkbands wie „The Clash“ und die „Buzzcocks“. Ein Jahr später begann die „Rock gegen Rechts“-Reihe in Deutschland mit Künstlern wie „Strassenjungs“, „Bots“ und „Guru Guru“, die gegen die rechtsextreme NPD gerichtet war. Später gründete der umtriebige Rocksänger Udo Lindenberg die Initiative „Rock gegen rechte Gewalt“.
Eine vergleichbare Glaubwürdigkeit hat in den vergangenen Jahren die Band „Feine Sahne Fischfilet“ aus Mecklenburg-Vorpommern in dieser Szene erworben. Die Gruppe um den bekennenden Linken Jan „Monchi“ Gorkow fing 2007 als Schülerband an – und ihr energiegeladener Punk lockte rechtsextreme Jugendliche an. Um sich von diesen unerwünschten Fans abzugrenzen, entwickelte die Gruppe eine entschiedene politische Haltung und sang in einigen Songs darüber. Außerdem engagieren sich die Mitglieder für die Rechte von Flüchtlingen. Mit der Kampagne „Noch nicht komplett im Arsch“ mischte sie 2016 im Landtagswahlkampf mit: Auf Kundgebungen machte die Band Stimmung gegen die Parteien NPD und AfD.