Richter Frank Rosenow : Unkonventionell und bienenfleißig
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Frank Rosenow Bild: dpa
Frank Rosenow führt den Prozess gegen Christian Wulff. Er gilt als lebensnah und besonnen – geht zur Wahrheitsfindung aber gelegentlich auch unkonventionelle Wege.
Von seinem für Richter durchaus ungewöhnlichen Ritual zu Beginn jedes Prozesses dürfte Frank Rosenow wohl auch an diesem Donnerstag nicht abweichen: sich und die anderen Richter namentlich vorzustellen. Den 50 Zuhörern, 70 Journalisten und den Verfahrensbeteiligten im großen Schwurgerichtssaal des Landgerichts Hannover dürfte der 54 Jahre alte Jurist indes gewärtig sein als der erste Strafrichter, der in der deutschen Geschichte über ein ehemaliges Staatsoberhaupt zu Gericht sitzt. Zwei klare Entscheidungen fällte er schon vor dem Prozessauftakt. Er wird bis zum Abschluss des Verfahrens mit keinem Journalisten sprechen: Dass er uneitel ist, war aber schon vorher bekannt.
Und er hat die Anklageerhebung gegen Christian Wulff von Bestechlichkeit herabgestuft auf das mindere, aber rechtlich kompliziertere Delikt der Vorteilsannahme. Damit bot der Vorsitzende Richter den Anwälten in den Wochen bis zum Prozessbeginn eine weitere Chance, unter Gesichtswahrung auf einen Kompromiss einzugehen – Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße und ohne den schwebenden, Wulff empörenden Vorwurf, dieser sei bestechlich gewesen. Das Angebot wurde nicht aufgegriffen. Das mag Rosenow betrüben, weil er in Verfahren immer wieder sagt, er sei für Verständigungen offen.
Lebensnah und besonnen
Als Weichheit sollte man das nicht auslegen. Er fragt und urteilt zwar lebensnah und besonnen, weicht aber einem härteren Urteil, wenn er es für angemessen hält, nicht aus. Beides hatte er schon an seinen früheren Stationen belegt – nach seinem Studium in Göttingen am Landgericht Stade und dann acht Jahre bis 2010 als Beisitzer am Oberlandesgericht Celle. Dort war er zuständig auch für Ordnungswidrigkeitsrecht, das er prägte. Wenige Strafrichter in Niedersachsen sind so breit aufgestellt wie er.
So wird der grauhaarige Familienvater an vorerst 22 Verhandlungstagen seine Fähigkeiten unter Beweis stellen können und müssen. Dazu zählt, dass er die Strafprozessordnung bis in jede Verästelung kennt und als bienenfleißig gilt. Er sucht gelegentlich zur Wahrheitsfindung unkonventionelle Wege. Als ein alkoholabhängiger Obdachloser als wichtiger Zeuge nicht aussagefähig war, sorgte Rosenow dafür, dass er in einer Pause ein wenig trinken durfte. Das brachte dem Richter zwar auch Unverständnis ein, überwiegend aber Respekt.
Strafverteidiger und Mitrichter, die mit ihm beruflich zu tun hatten, sind des Lobes voll – er sei „absolut“ unabhängig und nicht beeinflussbar, fair, locker-unbefangen sowie geduldig. Von Beginn an versucht er eine Atmosphäre zu schaffen, die Beteiligten, auch den Angeklagten, Vertrauen und Aussagebereitschaft einflößt. Zugleich gibt er zu erkennen, dass er Herr im Hause ist. Bis vor kurzem war Wulff an diese Rolle gewohnt. Wenn er sich und sein Ansehen aber schon jemandem anvertrauen muss, dürfte er das aber lieber Frank Rosenow überlassen als anderen.