Regensburger OB verhaftet : Katastrophenfall für Bayerns SPD
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Vom Hoffnungsträger zur politischen Belastung: Der Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs. Bild: dpa
Für die bayerische SPD ist die Verhaftung des Regensburger Oberbürgermeisters Joachim Wolbergs ein Tiefschlag der Sonderklasse. In Umfragen abgestürzt, könnte die Talfahrt im Wahlkampfjahr noch weiter gehen.
Bayern ist für die SPD ein karges Land, in dem sie nur wenige Politiker vorweisen kann, die zumindest bescheidenen Glanz verbreiten. Zu ihnen gehörte der Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs, der am Mittwoch wegen des Verdachts der Bestechlichkeit verhaftet wurde. Gegen Wolbergs ermittelt die Staatsanwaltschaft seit vergangenem Jahr, als es Hinweise gab, dass der SPD-Politiker Spendengelder in einer Gesamthöhe von mehr als 500.000 Euro für seinen Ortsverein „Regensburg Stadtsüden“ von Immobilienunternehmen entgegengenommen habe. Mit Wolsberg wurden am Mittwoch zwei weitere Beschuldigte verhaftet worden. In Regensburg gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Ärger um Grundstücksvergaben durch die Stadt an private Unternehmen.
Viel härter hätte es die bayerische SPD zum Auftakt eines langen Wahlkampfs – im Herbst mit der Bundestagswahl, im nächsten Jahr mit der Landtagswahl – kaum treffen können. Sie erholte sich gerade ein wenig von einer Umfrage, die ihr einen Absturz in der Wählergunst bescheinigt; danach könnte sie gegenwärtig bei einer Landtagswahl nur mit vierzehn Prozent der Stimmen rechnen. Florian Pronold, seit 2009 an der Spitze der bayerischen SPD, versuchte sich in einem düsteren Optimismus: Er sei im Laufe seiner Amtszeit schon mehrfach mit demoskopischen Katastrophenmeldungen konfrontiert worden; bei den darauf folgenden Wahlen habe die bayerische SPD aber immer besser abgeschnitten als vorhergesagt.
Wäre die politische Farbe Schwarz nicht für die CSU reserviert, wäre Pronold eine Begabung für schwarzen Humor nicht abzusprechen. Bei der Landtagswahl 2013 reichte es für die SPD trotz ihres populären Spitzenkandidaten Christian Ude, dem langjährigen Münchner Oberbürgermeister, gerade einmal für 20,6 Prozent der Stimmen. Pronolds persönliche Wahlbilanz fiel noch schmäler aus, in seinem Bundestagswahlkreis Rottal-Inn holte er 2013 bei den Erststimmen 16,2 Prozent, bei den Zweitstimmen 15,2 Prozent. Bei der Bildung des großen Koalition in Berlin musste er sich mit dem Amt eines Parlamentarischen Staatssekretärs begnügen – vorbei war die Zeit, in der die bayerische SPD mit Renate Schmidt und Otto Schily Bundesminister stellte.
SPD sah Wolbergs Wahl als Aufbruchssignal
Der 45 Jahre alte Wolbergs trat im Mai 2014 sein Amt als Oberbürgermeister in Regensburg an. Seine Wahl, die eine langjährige CSU-Vorherrschaft im Rathaus beendete, wurde in der bayerischen SPD als Aufbruchssignal gesehen. Er galt als Exponent einer neuen, pragmatisch ausgerichteten Führungsgeneration seiner Partei. Sein Name wurde in einem Atemzug mit Dieter Reiter und Ulrich Maly, den SPD-Oberbürgermeistern in München und Nürnberg genannt – als Zeichen einer Erneuerung der bayerischen SPD, die eher von den Kommunen aus gelingen könne als von der Landesspitze aus mit dem glücklosen Pronold und dem in der Bevölkerung wenig bekannten Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion Markus Rinderspacher.
Rinderspacher, dessen Fraktion in dieser Woche auf einer Klausurtagung im Kloster Irsee sich auf das Wahljahr einstimmen wollte, hatte nach den ersten Gerüchten um Wolbergs im vergangenen Jahr sich weit vorgewagt. „Rechtschaffen bis in die Haarspitzen“ sei Wolbergs, sagte Rinderspacher, obwohl es für ihn ein Leichtes gewesen wäre, auf die laufenden Ermittlungen zu verweisen und sich nicht weiter zu äußern. Rinderspacher ist damit nach der Festnahme Wolbergs politisch angeschlagen; seine Aussichten, die SPD als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl anzuführen, sind mit seinem instinktlosen Agieren in der Affäre gesunken.
Die bayerische SPD steht vor einem personalpolitischen Scherbenhaufen; erst im Dezember war mit Linus Förster ein anderer ihrer einflussreichen Politiker festgenommen worden. Gegen Förster, der danach sein Landtagsmandat und seine Parteiämter – er war Vorsitzender des SPD-Bezirks Schwaben – niederlegte, wird wegen Sexualdelikten ermittelt. Förster ist mittlerweile aus der SPD ausgetreten.