Zwickauer Zelle und staatliche Behörden : Alles eine Frage der Aufklärung?
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Innenminister Friedrich hat eine Expertenkommission benannt, aber bislang nicht eingesetzt Bild: dapd
Vor anderthalb Monaten wurde die neonazistische Verbrechensserie aufgedeckt. Seitdem sind Regierung und Opposition auf Bundesebene nicht über propagandistische Forderungen hinaus gekommen.
Anderthalb Monate nach Aufdeckung der neonazistischen Verbrechensserie haben sich Regierung und Opposition noch nicht darüber einigen können, wie Pannen und Organisationsversäumnisse bei der Suche nach den mutmaßlichen Terroristen geeignet aufgearbeitet werden sollen. Stattdessen gibt es eine Gremienrangelei, die frühestens Mitte Januar enden wird.
Lediglich im Lande Thüringen, wo beinahe täglich neue Versäumnisse und Behörden-Absonderlichkeiten bekannt werden, arbeitet der Sonderbeauftragte Schäfer seit einigen Wochen an der internen Aufklärung der Vorgänge, die Ende der neunziger Jahre das Untertauchen der polizeilich gesuchten Jenaer Neonazis Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe begleiteten. Mindestens zwei der drei Gesuchten begingen vom Jahr 2000 an in der „Nationalsozialistischer Untergrund“-Organisation eine Serie von rechtsterroristischen Verbrechen, die bis heute nicht einmal als solche entdeckt wäre, hätten nichts Mundlos und Böhnhardt am 4. November in einem Wohnmobil Selbstmord begangen.
Expertenkommission benannt, aber nicht eingesetzt
Seitdem fragen sich Bürger und Parlamentarier, wie es geschehen konnte, dass eine offenbar vernetzte neonazistische Terrorgruppe völlig unbehelligt von Verfassungsschutz und Polizei dreizehn Jahre im Untergrund agieren konnte. Auf Bundesebene sind die Parteien von Regierung und Opposition aber bislang über propagandistische Forderungen nicht hinaus gekommen.
Bundesinnenminister Friedrich (CSU) hat Ende November eine Expertenkommission mit den früheren Behördenleitern Geiger und Kersten sowie dem ehemaligen CSU-Abgeordneten Zeitlmann benannt, aber bislang nicht eingesetzt. Er will den Ausgang von Verhandlungen im Parlament und mit den Ländern abwarten. Nicht umgesetzt ist eine Vereinbarung der Innenministerkonferenz (IMK) mit Friedrich von Anfang Dezember, die vorsieht, statt der Dreier-Kommission des Ministers eine gemeinsame Bund-Länder-Arbeitsgruppe einzusetzen.
Am vergangenen Donnerstag scheitere zunächst auch das eigentlich schon beschlossene Vorhaben des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr), einen Sachverständigen einzusetzen. Nach Darlegung der FDP misslang die Beauftragung, für die es einer Zweidrittelmehrheit bedarf, weil die SPD sich verweigerte und der Linke-Vertreter krankheitshalber fehlte. In der SPD heißt es, man wolle erst die Zuständigkeiten und Überlappungen von Kompetenzen aller möglichen Beauftragten und Gremien klären. Bis dahin wird sich die SPD klar darüber geworden sein, ob sie einem geplanten, aber noch nicht gestellten Antrag der Grünen (und der Linken) zustimmen will, die einen Untersuchungsausschuss fordern.
Das hatten anfangs auch SPD-Spitzenpolitiker erwogen, waren aber dann überzeugt worden, dass diese parlamentarischen Keule hier das falsche Werkzeug sein könnte. Außerdem haben Innenpolitiker aller Fraktionen seit 2005 viele Monate in den Ausschüssen zur „Visa-Affäre“ und im so genannten „BND-Untersuchungsausschuss“ verbracht, was eine gewisse Zurückhaltung begründet, zumal ein Untersuchungsausschuss bis weit ins Wahljahr 2013 tagen würde.