Studie zu Fremdenfeindlichkeit : Starke Vorbehalte gegen Ausländer in Sachsen-Anhalt
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Polizisten befragen nach einem Anschlag auf ein geplantes Flüchtlingsheim Anwohner in der Gemeinde Tröglitz in Sachsen-Anhalt. Bild: dpa
Tröglitz sei „nicht überall“, findet Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Eine Studie zeigt: Ressentiments gegen Ausländer sind oft dort besonders groß, wo wenige Ausländer leben.
Die Debatte über den Anschlag auf die geplante Asylbewerberunterkunft in Tröglitz in Sachsen-Anhalt dauert an. Bundesinnenminister Thomas de Maizière widersprach am Mittwoch dem Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (beide CDU), der nach dem Anschlag auf das bezugsfertige Asylbewerberheim gesagt hatte: „Tröglitz ist überall.“ De Maizière sagte bei einem Besuch in Erfurt: „Meiner Meinung nach ist Tröglitz nicht überall.“
Man dürfe die Sorgen der Menschen nicht kleinreden, so der Innenminister, und müsse entschlossen gegen alle vorgehen, die Gewalt ausüben. Die deutsche Bürgergesellschaft sei aber sehr stark. „Wir sind das Land mit den meisten Asylanträgen weltweit.“ Ein Drittel der Asylanträge in Europa würden in Deutschland gestellt, „und wir haben das geschultert“. Mancherorts gebe es Konflikte, das sei aber kein Anlass für hektische Aktionspläne. „Wir werden nicht denen recht geben, die daraus rechtsextremes Kapital schlagen wollen“, sagte de Maizière.
Ressentiments auch in Bayern
Extremismusforscher sehen regionale Unterschiede in der Haltung gegenüber Migranten: Je weniger Ausländer in einem Bundesland leben, desto größer sind die Ressentiments der einheimischen Bevölkerung. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung von Psychologen der Universität Leipzig, die ausländerfeindliche Haltungen nach Regionen aufschlüsselt. Am weitesten verbreitet sind Vorurteile gegenüber Migranten demnach in Sachsen-Anhalt. 42,2 Prozent der Befragten stimmen dort Aussagen zu wie: „Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“
Groß sind die Vorurteile auch in den anderen östlichen Bundesländern. Rund jeder Dritte in Mecklenburg-Vorpommern (32,8 Prozent), Thüringen (30,9 Prozent) und Brandenburg (29,6 Prozent) stimmte ausländerfeindlichen Aussagen zu. Der bundesdeutsche Mittelwert liegt bei 24,3 Prozent. Diese hohe Zustimmung im Osten steht im Widerspruch zum tiefen Ausländeranteil. 2,2 Prozent Ausländer waren es im Jahr 2013 in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, zwei Prozent in Thüringen.
Bayern stellt in der Untersuchung einen Sonderfall dar: Jeder Dritte (33,1 Prozent) im Freistaat vertritt laut der Studie eine fremdenfeindliche Haltung. Zugleich ist der Ausländeranteil mit 9,5 Prozent im Jahr 2013 relativ hoch.
Die Untersuchung stammt von einem Leipziger Forschungsteam unter der Leitung von Oliver Decker und Elmar Brähler. Darin schlüsseln die Psychologen die Ergebnisse aus mehrjährigen Befragungen nach Bundesländern auf. Sie messen dabei anhand von 18 Aussagen, ob jemand rechtsextrem eingestellt ist. Vorgelegt wurden den Befragten dazu Sätze wie „Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken“, aber auch: „Wir sollten einen Führer haben, der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert.“ Die Daten sind Teil der „Mitte“-Studie, mit der die Forscher seit 2002 repräsentative Erhebungen durchführen.