Nach tödlichen Schüssen : Verfassungsschutz soll sich um „Reichsbürger“ kümmern
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In diesem Haus wehrte sich ein „Reichsbürger“ in Georgensgmünd mit Schüssen gegen seine Festnahme. Ein Polizist ist seinen Verletzungen erlegen. Bild: dpa
Nachdem ein „Reichsbürger“ einen Polizisten erschossen hat, fordern Politiker, die Bewegung vom Verfassungsschutz überwachen zu lassen. Der Innenminister kündigt eine Neubewertung der Lage an.
Nach den tödlichen Schüssen eines selbsternannten „Reichsbürgers“ auf Polizisten soll der Inlandsgeheimdienst die radikale Gruppierung genauer ins Visier nehmen. Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Stephan Mayer, will die Bewachung der zersplitterten Organisation durch das Bundesamt für Verfassungsschutz prüfen lassen. Anlass ist der Angriff eines 49 Jahre alten „Reichsbürgers“ auf vier Polizisten in Franken, bei dem ein Beamter starb. „Der Fall muss Konsequenzen haben“, sagte Mayer der „Berliner Zeitung“.
Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ jedoch unter Berufung auf Berliner Sicherheitskreise berichtet, wird der Verfassungsschutz die Bewegung nicht ins Visier nehmen. Zwar gebe es deutschlandweit „einige hundert“, heißt es. Und auch wenn sich unter ihnen „Spinner“ befänden, bedeute das nicht, dass sie ungefährlich seien. Allerdings, zitiert die Zeitung weiter, seien nicht sämtliche „Reichsbürger“ tatsächlich rechtsextremistisch, so dass man sie nicht alle über einen Kamm scheren könne. Zudem seien sie nicht bundesweit vernetzt. Beides seien aber Voraussetzungen für eine Überwachung durch das Bundesamt.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) kündigte jedoch eine Neubewertung der Bewegung an. Sie erkennt die Bundesrepublik nicht als Staat an und behauptet stattdessen, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. De Maizière sagte der „Rheinischen Post“, bisher habe der Verfassungsschutz die „Reichsbürger“ als sehr zersplitterte und heterogene Bewegung gesehen.
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, erhob schwere Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz. Der Inlandsgeheimdienst habe das Gefahrenpotenzial der Bewegung unterschätzt, sagte Mihalic im ARD-„Morgenmagazin“. Es sei seit längerem bekannt, dass die Gruppierung „in hohem Maße aggressiv ist, dass sie sich in Teilen auch bewaffnet“.
Angriff auch in Sachsen-Anhalt
Bei einem Einsatz am Mittwoch im fränkischen Georgensgmünd gegen einen mutmaßlichen Rechtsextremisten der Reichsbürgerbewegung war ein 32 Jahre alter Polizist angeschossen worden. Er erlag am Donnerstag seinen Verletzungen. Drei weitere Polizisten wurden verletzt, einer von ihnen schwer. Bei dem Einsatz sollten dem Täter zahlreiche Waffen abgenommen werden, da er aus Sicht der Behörden als unzuverlässig galt.
Herrmann : „Waffen gehören nicht in die Hände dieser Leute“
Vier Polizisten aus Bayern sind nach Informationen des „Münchner Merkurs“ bei den „Reichsbürgern“ aktiv. Dies habe ein Sprecher des Innenministeriums bestätigt, berichtet die Zeitung. Ein Polizeihauptkommissar, der als Ausbilder tätig sei, wurde demnach suspendiert. Bei drei weiteren Polizisten unter Verdacht werde deren Einstellung zu den „Reichsbürgern“ geprüft.
In Sachsen-Anhalt hat ein Anhänger der Bewegung in einem Bürger-Center der Stadt Salzwedel Beamte angegriffen. Bei einer Auseinandersetzung habe der Mann die Polizisten als Nazis beschimpft und unvermittelt auf sie eingeschlagen. Die Polizisten wehrten sich – da wurden sie auch von der 34 Jahre alten Ehefrau angegriffen.