Neonazi Tino Brandt : NSU-Zeuge unter Verdacht auf Kindesmissbrauch verhaftet
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Kein unbeschriebenes Blatt: Der Neonazi Tino Brandt wurde schon 1995 in Jena nach einem Überfall von Thüringer Nazis auf das Planetarium festgenommen. Bild: dpa
Der frühere Anführer des rechtsextremen „Thüringer Heimatschutzes“, Tino Brandt, sitzt in Untersuchungshaft. Die Ermittler werfen ihm sexuellen Missbrauch eines Kindes vor. Im Juli soll er als Zeuge im NSU-Prozess aussagen.
Der frühere Anführer der Neonazi-Gruppe „Thüringer Heimatschutz“, Tino Brandt, ist wegen des Verdachts des Kindesmissbrauchs verhaftet worden. Er sitze seit Mittwoch in Untersuchungshaft, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Thomas Villwock am Donnerstag in Gera. Der Verdacht des sexuellen Missbrauchs eines Kindes habe sich nach Zeugenvernehmungen ergeben.
Die „Thüringer Allgemeine Zeitung“ hatte in ihrer Online-Ausgabe über die Verhaftung des langjährigen V-Mannes berichtet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Brandt wegen des Verdachts der Zuhälterei. Er soll teils minderjährige Jungen sowie Männer an Freier vermittelt zu haben.
Aufgrund des dringenden Tatverdachts habe ein Ermittlungsrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft den Haftbefehl erlassen, sagte Villwock. Für sexuellen Missbrauch von Kindern drohe eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. In der vergangenen Woche hatten Ermittler Brandts Wohnung in Rudolstadt durchsucht. Die Auswertung der dabei beschlagnahmten Mobiltelefone und Computer sei noch nicht abgeschlossen, sagte Villwock. Dies sei sehr aufwendig.
Brandt gilt als einer der bekanntesten Rechtsextremen Deutschlands. Er war in den neunziger Jahren der Kopf der Neonazi-Bande „Thüringer Heimatschutz“, der auch die aus Jena stammenden mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe angehörten. Zudem war Brandt zeitweise Mitglied im Landesvorstand der rechtsextremen NPD. Seit 1994 arbeitete Brandt für den Verfassungsschutz. Er soll als einer der Hauptzeugen im Juli im NSU-Prozess in München aussagen. Einer früheren Ladung hatte sich der 39 Jahre alte Neonazi laut Zeitung mit einem ärztlichen Attest entzogen.
Auch gegen andere Rechtsextreme werden seit Kurzem Vorwürfe wegen Verbrechen an Kindern laut. Etwa soll Uwe Böhnhardt im Sommer 1993 einen Jungen aus Jena ermordet haben. Das Opfer wurde an der Saale gefunden, neben einem Bootsmotor von Enrico M., der ebenfalls in Kontakt mit der NSU stand. Enrico M. bestreitet, mit dem Mord etwas zu tun gehabt zu haben. Das Boot, zu dem der Motor gehöre, sei gestohlen worden.