Generalbundesanwalt : Range skeptisch gegenüber geplantem NPD-Verbot
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Generalbundesanwalt Range habe keine strukturierte Unterstützung des NSU durch die NPD gegeben, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Als Konsequenz forderte er eine Ausweitung der Rechte seiner Behörde.
Generalbundesanwalt Harald Range erkennt keine systematische Hilfe der NPD für die Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergund“ (NSU). „Bei einzelnen Unterstützern gibt es eine personelle Überschneidung. Einer strukturierte Unterstützung aus der NPD gab es nach unseren bisherigen Erkenntnissen aber nicht“, sagte Range in einem Interview der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (F.A.S.).
Das gelte auch für die Finanzierung. Die rund 600.000 Euro, die die Terrorzelle aus Banküberfällen erbeutet habe, hätten wohl ausgereicht, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Zum geplanten NPD-Verbotsverfahren sagte Range, in seiner Eigenschaft als Generalbundesanwalt wolle er sich in diese Frage nicht einmischen. Seine persönliche Meinung aber sei: „Mann muss sich mit dem Rechtsextremismus politisch auseinandersetzen. Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe.“
Zwar müsse der Staat Straftaten entschieden bekämpfen und auch klarmachen, wie gefährlich rechtsextremistische Gedanken seien. „Der Staat darf allerdings mit Blick auf auf das Parteienprivileg des Grundgesetzes auch nicht überreagieren“, zeigte sich Range skeptisch zum geplanten NPD-Verbotsverfahren.
Die Innenminister von Bund und Ländern hatten am Donnerstag vereinbart, neun Jahre nach dem Scheitern des ersten NPD-Verbots wieder systematisch Beweise gegen die rechtsextreme Partei zu sammeln. Sie beschlossen einstimmig, eine Materialsammlung anzulegen und vom 2. April an auf V-Leute des Verfassungsschutzes in der NPD-Führung zu verzichten. Ob ein neuer Anlauf für ein Verbot der NPD kommt, ist aber weiter offen. Das erste Verbotsverfahren war 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht wegen der zweifelhaften Rolle von V-Leuten bei der Beweisführung gescheitert.
Generalbundesanwalt will mehr Rechte
Range forderte in der F.A.S. außerdem eine Ausweitung der Rechte seiner Behörde. Die Bundesanwaltschaft brauche „mehr und klare Initiativrechte, um in der Lage zu sein, selbst zu prüfen und zu bewerten, ob wir in einem konkreten Fall zuständig sind“, sagte er der F.A.S. Der Generalbundesanwalt zieht damit eine Konsequenz aus den Ermittlungen gegen die Täter des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU), die in einer über Jahre dauernden Mordserie zahlreiche Opfer mit muslimischem Hintergrund getötet hatten, ohne dass die Strafverfolgungsbehörden einen rechtsterroristischen Zusammenhang gesehen hatten.
Range kritisierte die Behörden der Länder: „Eigentlich müssten die Landesstaatsanwaltschaften die Fälle an uns herantragen, in denen wir zuständig sein könnten. Das geschieht aber nur sehr selten.“ Die Generalbundesanwaltschaft bewege sich in einer „rechtlichen Grauzone“, sagte Range: „Die derzeitige Situation ist nicht befriedigend.“ Er wünsche sich „Verbesserungen für die Zukunft“.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte der F.A.S., sie nehme den Vorstoß Ranges „sehr ernst“. Die Aufarbeitung der rechtsextremistischen Morde stelle die Sicherheitsarchitektur insgesamt auf den Prüfstand: „Die Struktur des Verfassungsschutzes steht genauso zur Diskussion wie die Frage, ob der Generalbundesanwalt noch klarer formulierte Zuständigkeiten für den Kampf gegen den Rechtsextremismus braucht.“ Die Ministerin forderte die Innenminister von Bund und Ländern auf, offen für die „anstehende Strukturdebatte“ zu sein.
Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann (CDU) sagte der F.A.S.: „Ich bin nicht grundsätzlich der Auffassung, dass die Zuständigkeiten des Generalbundesanwalts erweitert werden müssen. Ich bin aber bereit, nach dem Abschluss des NSU-Verfahrens eine Evaluation zu machen.“ Dabei müsse nicht nur geprüft werden, ob der Generalbundesanwalt mehr Zuständigkeiten brauche, sondern auch, ob im Falle der NSU-Morde ausreichend Informationen weitergeleitet worden seien und schließlich, ob die vorhandenen technischen Mittel ausreichten.
Thüringens Justizminister Holger Poppenhäger (SPD) zeigte sich ebenfalls offen: „Wir sind jederzeit bereit, mit dem Generalbundesanwalt anlässlich der Ermittlungen zur NSU eine gemeinsame Auswertung vorzunehmen und Schlussfolgerungen für die künftige Ausgestaltung der Sicherheitsarchitektur von Bund und Ländern zu diskutieren.“