F.A.Z.-Gespräch : „Kein Deal mit Beate Zschäpe“
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„Die Politik übt keinen Druck auf mich aus“: Harald Range Bild: F.A.Z.-Philip Lisowski
Die rechtsextremistische Thüringer Terrorgruppe hatte mutmaßlich zehn weitere Unterstützer. Das sagt der neue Generalbundesanwalt Harald Range im F.A.Z.-Interview. Für eine „Lebensbeichte“ der Beate Zschäpe sei er „offen.“
Herr Generalbundesanwalt, wie weit reicht der rechtsextremistische Terror? Eine Spur führt jetzt nach Völklingen - ist das ein Flächenbrand, der das ganze Land betrifft?
Wir verfolgen alle Spuren. Nach dem öffentlichen Fahndungsaufruf sind wir jetzt bei 420 Hinweisen aus der Bevölkerung. Dazu kommen zahlreiche weitere Spuren, denen wir nachgehen. Natürlich haben wir auch die Brandanschläge in Völklingen im Blick. Ich will aber betonen, dass es bislang keinen Anfangsverdacht dafür gibt, dass die rechtsterroristische Gruppierung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) für die Anschläge verantwortlich ist. Sie sind deshalb derzeit nicht Gegenstand unserer Ermittlungen.
Gibt es eine rechtsterroristische Bedrohung, oder geht es „nur“ um die Aufarbeitung einer Mordserie?
Die Bundesanwaltschaft wird tätig, wenn es Anhaltspunkte für Straftaten gibt, die in die Zuständigkeit der Bundesjustiz fallen. Unsere Aufgabe ist es also, die terroristischen Verbrechen aufzuklären und mögliche Hintermänner und Unterstützer der Gruppierung zu ermitteln. Alles Weitere ist eine Frage an die Gefahrenabwehrbehörden.
Kann man davon ausgehen, dass die Haupttäter tot oder in Haft sind? Oder sind noch Hintermänner auf freiem Fuß?
Sie werden verstehen, dass ich noch keine Prognose abgeben kann. Es zeichnen sich täglich neue Entwicklungen ab, und wir dringen immer weiter in den Hintergrund vor.
Aber ist es richtig, dass abgesehen von Frau Zschäpe bisher kein weiteres mutmaßliches Mitglied der terroristischen Vereinigung dringend verdächtig ist?
In Haft ist in der Tat seit letzten Donnerstag kein weiterer Beschuldigter. Tatsächlich besteht zur Zeit allein gegen Frau Zschäpe der dringende Tatverdacht der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung. Der Unterstützerkreis erweitert sich dagegen, je näher wir herankommen. Drei Beschuldigte aus dem Umfeld der Gruppierung befinden sich mittlerweile in Untersuchungshaft. Wir haben ferner knapp zehn weitere mögliche Unterstützer der Terrorgruppe näher im Blick.
Immer noch fragt man sich, wie die Terrorzelle unerkannt bleiben konnte? Immerhin wurden fast alle Taten mit der gleichen Waffe begangen.
Das ist eine Frage, die ich mir genauso stelle wie Sie. Wir sind auf Informationen etwa vom Bundeskriminalamt oder vom Verfassungsschutz angewiesen, aber auch auf Zeitungsberichte. Aus den Hinweisen konnte man nicht schließen, dass dahinter eine terroristische Gruppierung steht.
Offenbar hat es massive Informationsdefizite gegeben ...
Die Einschätzung der Polizei- und Verfassungsschutzbehörden war eben eine andere. Und wir hatten keine Anhaltspunkte, um dem etwas entgegenzusetzen. Deswegen durften wir gar nicht ermitteln. Das kann die Bundesanwaltschaft nur, wenn es greifbare Gruppenstrukturen mit terroristischer Zielsetzung gibt. Die gab es auch nach Einschätzung der damals mit den Vorgängen befassten Landesstaatsanwaltschaft nicht. Vielmehr handelte es sich, nach dem, was uns damals vom Bundeskriminalamt mitgeteilt wurde, um ein „loses Geflecht von Einzeltätern“.
Hatten Sie als Generalstaatsanwalt in Celle schon von einem der Täter gehört?