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Bundestag : „Wir sind zutiefst beschämt“

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Schweigeminute am Dienstag im Bundestag

Schweigeminute am Dienstag im Bundestag Bild: dapd

Der Bundestag hat in einer gemeinsamen Entschließung aller Fraktionen den Rechtsterrorismus verurteilt. Bundestagspräsident Lammert bat Angehörige der Opfer um Entschuldigung. Innenminister Friedrich schließt ein NPD-Verbotsverfahren nicht aus.

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          Der deutsche Bundestag hat am Dienstag in einer gemeinsamen Entschließung aller Fraktionen den Rechtsterrorismus und Rechtsextremismus verurteilt. In der Erklärung, heißt es: „Wir sind zutiefst beschämt, dass nach den ungeheuren Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes rechtsextremistische Ideologie in unserem Land eine blutige Spur unvorstellbarer Mordtaten hervorbringt.“

          Die versammelten Abgeordneten von Union, SPD, FDP, Grünen und Linkspartei erklärten außerdem: „Wir stehen ein für ein Deutschland, in dem alle ohne Angst verschieden sein können und sich sicher fühlen – ein Land, in dem Freiheit und Respekt, Vielfalt und Weltoffenheit lebendig sind.“ Bundestagspräsident Lammert sagte, die Parlamentarier seien beschämt, dass die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern die Taten der Neonazi-Gruppe weder rechtzeitig aufgedeckt noch verhindert hätten. Die Abgeordneten erhoben sich für die Erklärung von ihren Plätzen.

          Der Bundestag bitte um Entschuldigung für manche Verdächtigungen von Opfern und Angehörigen, die sie während der Ermittlungen erlebt hätten, sagte Lammert. „Wir wissen um unsere Verantwortung.“ Das Parlament werde alles Mögliche tun, um die Ereignisse und Hintergründe aufzuklären. Es müsse sichergestellt sein, dass die „von der Verfassung garantierten Grundrechte in diesem Land Geltung haben für jeden der hier lebt, mit welcher Herkunft, mit welchem Glauben und mit welcher Orientierung auch immer“.

          Unterdessen forderte der türkische Ministerpräsident Erdogan Deutschland auf, bei der Aufarbeitung der rechtsextremistischen Mordserie auch die mögliche Verwicklung staatlicher Stellen unter die Lupe zu nehmen. Bei der Aufarbeitung des rechtsextremistischen Terrors könne sich die Bundesrepublik an der Türkei ein Beispiel nehmen, sagte Erdogan nach Agenturangaben in Ankara.

          Friedrich: NPD-Verbotsverfahren prüfen

          In der Bundestagsdebatte zum Rechtsextremismus versprach Buundesinnenminster Hans-Peter Friedrich (CSU) umfassende Aufklärung. Die Morde seien ein Angriff auf die Gesellschaft und die Demokratie. Mit Blick auf ein neues NPD-Verbotsverfahren sagte der Minister, er habe keine Zweifel, dass die NPD verfassungsfeindlich sei. Mit einem Verbot wäre der geistige Sumpf zwar nicht ausgetrocknet, aber es könne verhindert werden, dass die Partei Geld aus der staatlichen Parteienfinanzierung bekomme. Nun müssten die Erfolgschancen eines neuen Verbotsverfahrens abgewogen werden.

          Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) widersprach Vorwürfen, die Sicherheitsbehörden verharmlosten rechte Gewalt. „Auf keinem Auge sind wir blind“, sagte sie. Vorwürfe erhob die Opposition wegen der regierungsamtlichen Statistik, die viel weniger Morde und Totschlagsfälle mit rechtsextremen Hintergrund verzeichne als sich tatsächlich zugetragen hätten. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Steinmeier sagte: „Es durfte nicht sein, was nicht sein konnte, deshalb wurden die Augen verschlossen und das Ausmaß rechter Gewalt kleingeredet.„

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