Neuer Verfassungsschutzchef : Dem „Krieger“ folgt ein „Verwalter“
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Thomas Haldenwang Bild: Picture-Alliance
Der neue Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz ist der Gegenentwurf seines Vorgängers Maaßen: Thomas Haldenwang hat keine politische Agenda und keinen Geltungsdrang – allerdings auch kein besonderes Charisma.
Der Vorschlag, Thomas Haldenwang zum Verfassungsschutzpräsidenten zu ernennen, ist für Bundesinnenminister Horst Seehofer mit der Hoffnung verbunden, dass sich die Behörde wieder auf ihre „Kernaufgaben“ konzentrieren kann. Dafür sei Haldenwang, der seit 2013 ihr Vizepräsident ist, „genau der Richtige“, bekundete Seehofer am Montag. Da schwingt noch die Enttäuschung über Hans-Georg Maaßen mit, dem er lange den Rücken gestärkt hatte, aber in der vergangenen Woche von allen Aufgaben entbinden musste.
Seit Maaßens Äußerungen in der „Bild“-Zeitung Anfang September, es habe in Chemnitz keine „Hetzjagden“ gegeben, kam die Behörde nicht zur Ruhe. Seine Abschiedsrede vor europäischen Geheimdienstchefs, in der Maaßen von „linksradikalen Kräften“ in der SPD und einer „naiven und linken Ausländer- und Sicherheitspolitik“ gesprochen hatte, ließ Maaßen sogar ins Intranet des Verfassungsschutzes stellen und zog dessen Mitarbeiter dadurch in den Konflikt hinein.
Haldenwang gilt ebenso wie Maaßen als guter Verfassungsschützer. Abgesehen davon ist er in vielerlei Hinsicht aber der Gegenentwurf zu seinem Amtsvorgänger. Haldenwang, 58 Jahre alt, hat keine politische Agenda und keinen Geltungsdrang, allerdings auch kein besonderes Charisma. Ein bisschen trocken, aber unkompliziert, heißt es. „Graue Eminenz“ wird der gebürtige Wuppertaler zuweilen genannt, niemand kenne die Behörde so gut wie er. Maaßen sei ein „Krieger“, Haldenwang ein „Verwalter“, wird in Sicherheitskreisen gelästert. Für einen Beamten ist diese Beschreibung freilich kein Makel. Maaßen konnte sich nicht so richtig damit anfreunden, dass er auch als Präsident der der Loyalitätspflicht und dem Mäßigungsgebot unterliegt.
Zustimmung sogar von den Grünen
Über Parteigrenzen hinweg gibt es Zustimmung für Haldenwang, sogar von den Grünen, die das Bundesamt für Verfassungsschutz eigentlich auflösen und neu gründen wollen. Seehofer hat lange gewartet, bis er die Personalie bekannt gab. Der Name Haldenwang kursierte schon seit Wochen, doch eine Bestätigung gab es nicht. Der Bundesinnenminister wollte sich Rückendeckung für seine Entscheidung holen. Eine einvernehmliche Lösung mit allen Partnern in der Koalition sei ihm wichtig gewesen, sagte Seehofer am Montag – eine neue Tonlage. Für Haldenwang ist die breite Unterstützung wichtig, damit er nicht als angeschlagen gilt, sobald Seehofer sein Amt als Bundesinnenminister aufgibt.
Haldenwang studierte nach dem Wehrdienst Jura in Marburg. 1991, im gleichen Jahr wie Maaßen, wurde er Referent im Bundesinnenministerium, hatte aber mit der öffentlichen Sicherheit zunächst wenig zu tun. Er war zuständig für Dienstrecht und Personal, wechselte zeitweilig an das Bundesverwaltungsamt. 2009 wurde er an das Bundesamt für Verfassungsschutz versetzt, Maaßen machte ihn nach seinem Amtsantritt zum Vizepräsidenten. Seit vergangener Woche leitet er kommissarisch die Behörde, und schon auf der Herbsttagung der Amtsleiter vor einigen Wochen war nicht Maaßen der Gastgeber, sondern Haldenwang.