Polizei-Infos weitergegeben : Nur ein Gefallen für eine Bekannte?
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Springerstiefel eines Teilnehmers einer Demonstration der rechten Szene in Dortmund (Symbolbild) Bild: dpa
Ein Beamter hat eine Frau aus der Neonazi-Szene offenbar mit polizeiinternen Informationen versorgt. Für eine rechtsextreme Gesinnung gibt es dem hessischen Innenministerium zufolge bisher keine Hinweise – aber noch sind Fragen offen.
Ein Polizist hat offenbar Polizeiinformationen an eine Frau weitergegeben, die der Neonazi-Gruppe „Aryans“ nahe steht. Wie bei einem Prozess gegen zwei Neonazis vor dem Landgericht Halle (Saale) bekannt wurde, wird dem Beamten vorgeworfen, zwei Mal in einem Chat polizeiinterne Informationen an die Angeklagte Martina H. weitergegeben zu haben.
Zunächst hatte die „Süddeutsche Zeitung“ den Fall aufgegriffen und berichtet, es handele sich bei dem Beamten um einen „Polizisten aus Osthessen“. Auch eine Verbindung zum jüngsten Frankfurter Polizei-Skandal um Polizisten, die rechtsextremistische Inhalte getauscht haben sollen, war angedeutet worden.
Polizeipräsidium Osthessen dementiert
Schnell kamen aber Zweifel daran auf, ob der im Fokus stehende Polizist tatsächlich in Hessen seinen Dienst tat oder dort ansässig war. Das Polizeipräsidium Osthessen dementierte am Freitag, dass ein Polizist aus dem Zuständigkeitsbereich des Präsidiums Informationen an eine Person aus der rechtsextremen Szene weitergegeben habe.
Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Hessen, Andreas Grün, sagte FAZ.NET am Freitagmorgen: „Nach unseren derzeitigen Informationen ist der Beamte, um den es in dem Prozess in Halle geht, seit über zwei Jahren nicht mehr bei der Polizei in Hessen im Dienst, sondern in Niedersachsen.“
Das hessische Innenministerium reagierte am Freitag ebenfalls auf die Medienberichte zu dem Polizisten und teilte mit, dass Ende September 2017 ein Ermittlungsverfahren wegen Geheimnisverrats „gegen einen damals nicht mehr im Dienst der hessischen Polizei stehenden Polizeivollzugsbeamten“ eingeleitet worden sei.
Dem Polizisten wurde demnach vorgeworfen, „Abfragen in polizeilichen Datenbanken getätigt zu haben, die nicht in dienstlichem Zusammenhang standen“. Die Überprüfung habe sich in einem Fall auf eine Person bezogen, „die der rechtsextremistischen Szene angehört“. Da der Beamte aber auf eigenen Wunsch im April 2017 in ein anderes Bundesland versetzt worden sei, habe die hessische Polizei kein Disziplinarverfahren gegen ihn einleiten können – obwohl der Mann „zum Zeitpunkt, als er die Datenabfragen getätigt hatte, Angehöriger des Polizeipräsidiums Südhessen“ war, heißt es vom Innenministerium. Belege für eine rechtsextremistische Motivation des Polizisten liegen demnach bislang nicht vor.
Die Verbindung zwischen der Person aus „der rechtsextremistischen Szene“ und dem Polizeibeamten wurde nach FAZ.NET-Informationen durch die Auswertung des Handys der derzeit in Halle angeklagten Frau entdeckt, das bei einer Durchsuchung beschlagnahmt worden war. Der Polizist nahm offenbar auf Bitte von Martina H., einer mutmaßlichen Jugendfreundin des Mannes, eine Abfrage an einem Polizeicomputer vor und gab die Informationen an die Angeklagte weiter – wohl um sie vor ihrem Freund, der nun in Halle mit ihr vor Gericht steht, zu warnen.
Wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt
Martina H. und Carsten M. sind wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Sie sollen am Rande der Mai-Demonstrationen 2017 Gegendemonstranten und Passanten mit Steinen beworfen und verletzt haben. M. soll mit einem Starkstromkabel zudem so stark auf einen Mann eingeschlagen haben, dass der eine blutende Wunde und eine Gehirnerschütterung erlitt.
Beide Angeklagten sollen währenddessen Pullover mit der Aufschrift „Aryans – Support your race“ getragen haben. Bei einer Hausdurchsuchung des Angeklagten Carsten M. im hessischen Main-Kinzig-Kreis fanden Ermittler zahlreiche Waffen und Nazi-Devotionalien, darunter ein Aufkleber der vom Verfassungsschutz beobachteten Neonazigruppe „Division Braune Wölfe“.
Eine Verbindung zwischen dem Polizisten, der Informationen an Martina H. weitergegeben haben soll, und den bereits im Dezember vom Dienst suspendierten Frankfurter Polizisten lässt sich derzeit nicht herstellen. „Den Bericht der Süddeutschen Zeitung können wir so nicht bestätigen“, sagte ein Sprecher des hessischen Landeskriminalamts Hessen am Freitagvormittag.
Auch das hessische Innenministerium erklärte später, es lägen keinerlei Hinweise dafür vor, dass der Beamte „in irgendeiner Verbindung zu den suspendierten sechs Polizisten steht“, gegen die derzeit wegen Volksverhetzung und der Verwendung verfassungswidriger Symbole ermittelt werde.
Im Dezember war bekannt geworden, dass sich Beamte aus dem 1. Polizeirevier in Frankfurt über längere Zeit auf Whatsapp Nachrichten und Bilder mit rechtsextremistischen Inhalten zugeschickt haben sollen. Sie stehen zudem im Verdacht, die türkischstämmige Anwältin Seda Basay-Yildiz bedroht zu haben, unter anderem mit der Ermordung ihrer zwei Jahre alte Tochter.