Geert Wilders und Pegida : Eine Begegnung der dritten Art
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Im Tal der Wirkungslosen: Teilnehmer einer Pegida-Demonstration am vergangenen Montag Bild: dpa
Immer weniger versammeln sich montags abends in Dresden. Ein Auftritt des Islamkritikers Geert Wilders soll Pegida nun vor der Bedeutungslosigkeit bewahren - und eine Frau, die die Mauer wieder aufbauen will.
Wie ermittelt man die tatsächliche Teilnehmerzahl einer Demonstration? Lutz Bachmann, der Pegida-Gründer, wollte die Sache kürzlich seriös angehen und beauftragte den Dresdner Rechtsanwalt Jens Lorek damit, die Demonstranten durchzuzählen.
Lorek ist freilich kein Unbekannter: Der Jurist tritt stets ganz in Schwarz mit Schlapphut, weitem Ledermantel und in Cowboystiefeln auf. Vor Jahren machte er als „Deutschlands erster Anwalt für Alien-Opfer“ Schlagzeilen, jedoch war die Geschäftsidee mangels Außerirdischer, die zur Verantwortung gezogen werden konnten, schnell obsolet.
Kürzlich nun rollte Lorek vier grüne Blechtonnen auf den Dresdner Altmarkt, in die jeder Pegida-Teilnehmer „eine Münze, einen Knopf oder einen kleinen Goldbarren“ einwerfen sollte. Noch während er einem Reporter des Internetdienstes „Mopo24“ erläuterte, er werde streng darauf achten, dass jeder Teilnehmer nur einen Gegenstand einwirft, warf eine Frau fünf Münzen ein. Das Video erreichte im Internet schnell Kultstatus, eine Teilnehmerzahl veröffentlichte Pegida am Ende trotz vorheriger Zusicherung nicht. Er halte den Inhalt der Tonnen nicht für den wissenschaftlichen Beweis einer Teilnehmerzahl, erklärte Lorek nach der Auszählung.
Der wahre Grund für die Zurückhaltung könnte die schwindende Zahl der Anhänger sein. Zwar versammelt sich Pegida nach wie vor jeden Montag in Dresden, kann aber bei weitem nicht an den Erfolg vom Januar anknüpfen. Statt wie damals 25.000 zählte die Polizei in der vergangenen Woche noch 5500 Teilnehmer, Tendenz fallend.
Die immer gleichen „Volksverräter“- und „Lügenpresse“-Parolen Bachmanns und seiner gelegentlichen Gastredner sowie das Fehlen jeglichen Protestziels ziehen kein neues Publikum an. Treu bleiben ihm vor allem Rechtsextreme und Hooligans, unschwer zu erkennen an ihrer szenetypischen Kleidung und den mit Quarzsand gefüllten Handschuhen in den Gesäßtaschen.
Geert Wilders soll Demonstranten anlocken
Bachmann versucht nun, das Ende mit Prominenz hinauszuzögern. Für Mitte April hat er den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders eingeladen, der den Islam als „totalitäre Ideologie“ sieht und der schon mal den Koran mit Hitlers „Mein Kampf“ verglichen hat. Wilders kennt sich mit schwindendem Zuspruch aus; der Gründer der rechtspopulistischen „Partei für die Freiheit“ musste in jüngster Zeit in seinem Heimatland Stimmverluste bei Wahlen und eine Reihe von Parteiaustritten hinnehmen. Bachmann aber will ihm in Dresden die ganz große Bühne bieten, er rechnet mit 30.000 Besuchern und hat ein Open-Air-Konzertgelände reserviert.
Für die Sicherheitsbehörden dürfte der Auftritt Wilders zu einer Herausforderung werden, steht dieser doch nach Morddrohungen durch radikale Islamisten seit vielen Jahren unter Polizeischutz. Eine Anbindung an Parteien aber lehnt Bachmann weiterhin ab. Zwar preist er gelegentlich rechtspopulistische Parteien wie den Front National in Frankreich oder die Ukip in Großbritannien als Vorbilder, von denen er sich die „Rettung des aufgeklärten und zivilisierten Europas“ erhofft, betont aber stets, überparteilich bleiben zu wollen.
Gar nichts mehr zu tun haben will der selbsternannte Retter des Abendlandes mit der AfD, mit der er sich noch im Januar getroffen hatte. Wegen seiner ausländerfeindlichen Äußerungen lehnt die Partei heute jede Zusammenarbeit mit Bachmann ab, begrüßt aber weiterhin die Demonstrationen des Bündnisses und unterstützt dessen Forderungen. Bachmann wiederum exkommunizierte die AfD kürzlich in einer Rede vor seinen verbliebenen Anhängern. Die Partei habe „ihre Bodenhaftung verloren und schwimmt mittlerweile fleißig im Politapparatschikstrom mit“, rief er, woraufhin die Menge wie gewohnt mit „Volksverräter“-Rufen reagierte.
Dem Vernehmen nach will Pegida nun die einstige Hamburger AfD-Politikerin Tatjana Festerling als Kandidatin für die Dresdner Oberbürgermeisterwahl aufstellen. Sie kam nach Sympathiebekundungen für die Hooligan-Krawalle in Köln („Hogesa – bitte weitermachen!“) ihrem Rauswurf aus dem Hamburger AfD-Landesverband zuvor und trat aus. Im Februar zog sie nach Dresden und wurde Mitglied im Pegida-Verein.
Hier tritt sie, wie auch an diesem Montag, häufig als Rednerin auf und regte jüngst etwa den Bau einer neuen „hohen Mauer“ an, zwischen einer linken Gutmenschen-Republik im Westen und einem unabhängigen Staat im Osten. Spätestens bei der Wahl im Juni wird sich zeigen, wie viel Rückhalt solche Visionen in Dresden haben.